Drohung: Müssen Schweizer Journalisten nun Angst vor Russland haben?
Nach der Drohung der russischen Botschaft gegen einen «NZZ»-Journalisten stellt sich die Frage: Müssen Schweizer Journalisten Angst vor Russland-Reisen haben?
Das Wichtigste in Kürze
- Die russische Botschaft in Bern hat einem «NZZ»-Journalisten gedroht.
- SRF hat darum die Russland-Reise seines Korrespondenten verschoben.
- Strategie-Experte Albert A. Stahel erklärt, wie gefährlich die Lage für Journalisten ist.
So wurde Ivo Mijnssen wegen eines Berichts aus der besetzten Stadt Melitopol «Terrorismuspropaganda» vorgeworfen. In Russland werde dies mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von bis zu sieben Jahren bestraft, drohte die Russen-Botschaft.
Das Schweizer Aussenministerium bezeichnete das Vorgehen als «inakzeptabel», der russische Botschafter wurde einbestellt.
Über Rechtfertigung des Terrorismus in der @NZZ 📰
— Russian Embassy Bern (@RusEmbSwiss) April 13, 2023
🗨️Kommentar der Botschaft 🇷🇺
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In der Folge hat auch SRF reagiert. Eine für nächste Woche geplante Russland-Reise seines Sonderkorrespondenten Christof Franzen wurde «sicherheitshalber» verschoben.
Dies sagt Thomas von Grünigen, Leiter der SRF-Auslandskorrespondenten. Russland habe die Strategie bezüglich ausländischer Medienschaffenden verschärft, so von Grünigen.
Experte: «Aufwand für Vergiftungsaktionen ist zu gross»
Es ist nicht das erste Mal, dass der Kreml ausländische Medienschaffende angreift. Doch eine solch konkrete Haft-Drohung gab es für Schweizer Journalisten noch nie. Müssen diese jetzt Angst vor Russland-Reisen haben?
Nicht zwingend, sagt Militär- und Strategie-Experte Albert A. Stahel auf Anfrage. «Nur Journalisten, die die russisch besetzten Gebiete besucht haben und über Ereignisse berichten, die für Moskau unangenehm sind, haben Repressalien zu befürchten.»
Die Repressalien würden bei einem erneuten Aufenthalt in Russland oder in den besetzten Gebieten in Kraft treten. Dann kann es aber schnell böse enden: Nach einer Verurteilung würde der betreffende Journalist in ein Gefängnis, beziehungsweise ein Straflager verschwinden.
Jene Journalisten aber, die ausserhalb von Russland leben würden, hätten wenig zu befürchten, so Stahel. Denn für breit angelegte Vergiftungsaktionen etwa wäre der Aufwand selbst für Russland zu gross.
Dies sei bei russischen Journalisten, die als «Abweichler» verurteilt werden, jedoch anders.
Stahel betont aber auch, dass bei Reisen nach Russland grundsätzlich immer Vorsicht geboten sei – insbesondere für Journalisten, denn: «Moskau toleriert Berichterstattung, die von der offiziellen Meinung abweichen, nicht.»