Drosten und Kollegen warnen vor Konzept der Herdenimmunität

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Deutschland,

Beschränkungen aufheben und einige wenige schützen? Mehrere deutsche Virologen halten das für keine gute Idee. Das Konzept der Herdenimmunität ist keine Option.

Virologe Christian Drosten warnt vor der Corona-Strategie mit einer Herdenimmunität. Foto: Markus Schreiber/AP POOL/dpa
Virologe Christian Drosten warnt vor der Corona-Strategie mit einer Herdenimmunität. Foto: Markus Schreiber/AP POOL/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Virologe Christian Drosten und seine Kollegen halten nichts von einer Herdenimmunität.
  • In den steigenden Fallzahlen sehen die Experten eine ungebremste Ausbreitung.
  • Dabei sei die Zahl der Todesopfer rasch nicht mehr kontrollierbar.

Beschränkungen aufheben und einige wenige schützen? Mehrere deutsche Virologen halten das für keine gute Idee. Mit Blick auf die Fallzahlen hierzulande sprechen sie vom Beginn einer ungebremsten Ausbreitung - ein düsteres Szenario. Der Berliner Virologe Christian Drosten und andere Kollegen stellen sich gegen eine Corona-Strategie mit einer Herdenimmunität als Ziel.

Unkontrollierbarer Anstieg der Todesopfer

«Mit Sorge nehmen wir zur Kenntnis, dass erneut die Stimmen erstarken, die als Strategie auf die natürliche Durchseuchung setzen.» Dies heisst es in einer Stellungnahme der Gesellschaft für Virologie (GfV), an der auch Drosten beteiligt war. Herdenimmunität bedeutet, dass ein grosser Teil der Bevölkerung nach einer Infektion oder Impfung immun geworden ist. Dadurch kann sich das Virus nicht mehr so gut ausbreiten.

Die Virologen beziehen sich in ihrem Text auf die Great-Barrington-Erklärung, die drei Forscher aus den USA und Grossbritannien verfasst haben. Laut einer eigenen Webseite haben bereits viele Hunderttausend Menschen die Erklärung unterzeichnet.

christian drosten
Christian Drosten, Direktor des Instituts für Virologie an der Charité in Berlin. Foto: Christophe Gateau/dpa - dpa-infocom GmbH

«Der einfühlsamste Ansatz besteht darin, denjenigen, die ein minimales Sterberisiko haben, ein normales Leben zu ermöglichen. Damit können sie durch natürliche Infektion eine Immunität gegen das Virus aufbauen, während andere besser geschützt werden.» Die Verfasser befürchten, dass die harten Massnahmen «irreparablen Schaden verursachen, wobei die Unterprivilegierten unverhältnismässig stark betroffen sind».

Eine unkontrollierte Durchseuchung würde zu einer eskalierenden Zunahme an Todesopfern führen, schreibt hingegen die Gesellschaft für Virologie in Heidelberg. Denn selbst bei strenger Isolierung älterer Menschen gebe es noch weitere Risikogruppen. «Ein erhöhtes Risiko für einen schweren Covid-19-Verlauf ergibt sich beispielsweise bei Übergewicht, Diabetes oder während einer Schwangerschaft

Herdenimmunität war noch nie eine Strategie

Laut GfV weiss man noch nicht zuverlässig, wie lange eine durch eine Infektion erworbene Immunität anhält. Das Anstreben der Herdenimmunität ohne Impfung sei unethisch sowie medizinisch, gesellschaftlich und damit auch ökonomisch hochriskant.

Vor etwa einer Woche hatte bereits die Weltgesundheitsorganisation (WHO) davor gewarnt, auf eine Herdenimmunität durch massenweise Ansteckungen zu setzen. «Niemals in der Geschichte des Gesundheitswesens wurde Herdenimmunität als eine Strategie gegen einen Ausbruch eingesetzt. Geschweige denn gegen eine Pandemie», sagte WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus.

Masken New York Menschen
Menschen mit Masken warten im New Yorker Stadtbezirk Queens vor dem Eingang einer Bank. - dpa

Die Gesellschaft für Virologie spricht mit Blick auf die steigenden Infektionszahlen in Deutschland vom «Beginn einer exponentiellen Ausbreitung». Weiter heisst es: «Aufgrund der explosiven Infektionsdynamik ist zu befürchten, dass auch in bisher unkritischen Regionen die Kontrolle verloren geht.»

Bei Überschreiten dieses Schwellenwerts sei die Nachverfolgung einzelner Ausbrüche und strikte Isolationsmassnahmen nicht mehr zu machen. Eine unkontrollierte Ausbreitung in alle Bevölkerungsteile sei dann nicht mehr zu verhindern. «Es steht zu erwarten, dass dies zu einer raschen Überlastung der Gesundheitssysteme führen würde. Was zum Beispiel in Deutschland wegen des Mangels an Intensivpflegekräften bereits bei weit unter 20'000 Neuinfektionen der Fall sein könnte.»

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