Einreisesperren sollen Virusmutanten ausbremsen

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Deutschland,

Die Bundesregierung will Menschen aus Corona-Mutationsgebieten aus Deutschland fernhalten. Einreisesperren gelten bereits ab diesem Samstag. Hoffnungen richten sich auf den dritten, in der EU zugelassenen Impfstoff, wenn er denn kommt.

Wenige Passagiere und kaum Betrieb gibt es am Morgen am Flughafen Hamburg. Foto: Bodo Marks/dpa
Wenige Passagiere und kaum Betrieb gibt es am Morgen am Flughafen Hamburg. Foto: Bodo Marks/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Mit weitreichenden Einreisesperren für Menschen aus mehreren Ländern versucht Deutschland die Ausbreitung besonders ansteckender Coronavirus-Varianten zu bremsen.

Die Massnahmen gelten seit diesem Samstag für Menschen aus Grossbritannien, Irland, Portugal, Südafrika und Brasilien, ab Sonntag auch für jene aus den afrikanischen Staaten Lesotho und Eswatini. Es gibt dazu ein Beförderungsverbot für Fluggesellschaften, Bahn-, Bus- und Schiffsunternehmen bis zum 17. Februar. Ausnahmen gelten unter anderem für alle Deutschen und in Deutschland lebenden Ausländer sowie für Transitpassagiere und den Warenverkehr.

Bundesinnenminister Horst Seehofer verteidigte die Massnahme als «absolut notwendig» zum Schutz der Bevölkerung vor hoch infektiösen, mutierten Viren. Der CSU-Politiker forderte im Gespräch mit der «Augsburger Allgemeinen» (Samstag) zugleich einen Verzicht auf jede nicht zwingend notwendige Reise ins Ausland. Das sehe er als «Bürgerpflicht». «Jetzt ohne wirklich zwingenden Grund in Mutationsgebiete zu reisen, das muss ich deutlich sagen, wäre geradezu töricht», betonte Seehofer.

Zur Eindämmung der Pandemie richten sich neue Hoffnungen auf die Impfungen gegen das Virus. Nach Biontech/Pfizer und dem US-Konzern Moderna erhielt am Freitag der britisch-schwedische Konzern Astrazeneca von der Europäischen Union die Zulassung für seinen Impfstoff. Allerdings sorgen angekündigte Verzögerungen bei Lieferungen von Astrazeneca und auch von Moderna für Verärgerung in der EU.

Moderna bestätigte am Freitagabend «kurzfristig angepasste Lieferschätzungen». Diese sollen aber bald wettgemacht sein. Alle Lieferverpflichtungen im ersten Quartal würden eingehalten, hiess es. Astrazeneca versprach ebenfalls, sich um ein Ende seiner Lieferprobleme zu bemühen. «Wir arbeiten rund um die Uhr, um die Kapazität zu erhöhen», sagte Unternehmenschef Pascal Soriot vor Journalisten. Man versuche wirklich alles, um Tempo zu machen.

Astrazeneca erhielt die Zulassung für die EU für Erwachsene ab 18 Jahren ohne Altersbegrenzung. In Deutschland empfahl die Ständige Impfkommission (Stiko) beim Robert Koch-Institut jedoch, diesen Impfstoff vorerst nur Erwachsenen unter 65 Jahren zu geben, weil für Ältere zu wenig Testdaten vorlägen.

Der Stiko-Vorsitzende Thomas Mertens verteidigte diese Linie. Die Daten von Astrazeneca seien nicht ausreichend, um die Wirksamkeit der Impfung in der Altersgruppe ab 65 Jahre beurteilen zu können, sagte Mertens am Freitagabend. Der Virologe fügte hinzu, dass die Stiko ihre Empfehlungen nach dem Einreichen weiterer Daten zur Effizienz bei älteren Menschen aktualisieren werde. Gleichzeitig betonte er, die Sicherheit des Impfstoffs stehe ausser Zweifel.

Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach begrüsste die Entscheidung der EU-Arzneimittelbehörde EMA. Auch wenn die Fallgruppe der über 65-Jährigen in den Studien klein gewesen sei, sei auch für sie von einer hohen Wirksamkeit des Impfstoffes aufgrund früherer Studien und Erfahrungen mit anderen Impfstoffen auszugehen, sagte Lauterbach der «Welt» (Samstag). Die CDU-Gesundheitsexpertin Karin Maag betonte hingegen in der Zeitung: «Solange noch keine ausreichenden Studien unter Beteiligung der älteren Personengruppe vorliegen, ist eine entsprechende Alterseingrenzung bei der Zulassung folgerichtig.» Der FDP-Gesundheitspolitiker Andrew Ullmann schloss sich dem an und kritisierte die EMA scharf. «Eine höchst unprofessionelle Entscheidung und gefährlich für die Glaubwürdigkeit der EMA», kommentierte er in der «Welt».

Die schleppenden Impfstofflieferungen bringen in Deutschland viele Planungen vor Ort zur Immunisierung der Menschen durcheinander. Mehrere Ministerpräsidenten forderten vor dem Impfgipfel von Bund und Ländern am Montag vom Bund mehr Klarheit. «Die Menschen brauchen Klarheit, wann sie geimpft werden können, und die Länder brauchen Planungssicherheit durch verlässliche Lieferangaben des Bundes, um Impftermine anbieten zu können», sagte die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) der «Rheinischen Post» (Samstag).

Auch Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig betonte, es brauche Klarheit und Verbindlichkeit. Man müsse vor Ort wissen, wann welche Lieferung komme, sagte die SPD-Politikerin am Freitagabend in der ARD. Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) forderte am Freitag einen nationalen Impfplan. Müller ist auch Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz.

Der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Andreas Gassen, mahnte vor dem Impfgipfel in der «Rheinischen Post» (Samstag): «Wir brauchen dringend Klarheit darüber, wie viele Dosen bestellt wurden und was wann verlässlich geliefert wird.» Grünen-Chef Robert Habeck sagte der Zeitung: «Sollten die Pharmaunternehmen dann trotz Möglichkeiten nicht kooperieren wollen, kann die Regierung als Ultima Ratio verpflichtende Lizenzvergaben in Betracht ziehen. Am Ende muss eben mehr Impfstoff rauskommen.»

Der Chef des Bundesverbands der Pharmazeutischen Industrie (BPI), Hans-Georg Feldmeier, warnte dagegen vor Zwangslizenzen oder die Weitergabe der bisherigen Impfstoff-Lizenzen. «Eine Auslizenzierung zu anderen Herstellern würde ungeachtet der rechtlichen Implikationen nach unserer Einschätzung mindestens zwölf Monate oder länger dauern, bis aus dieser Fertigung Impfstoff zur Verfügung steht», sagte Feldmeier der «Rheinischen Post».

Hoffnungen auf Lockerungen des bislang bis zum 14. Februar geltenden Lockdowns machten Politiker von Union und SPD nicht. Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus hält hingegen eine Verlängerung für erforderlich. «Besser jetzt noch ein wenig länger etwas härtere Massnahmen als ein Raus-Rein-Raus-Rein, was letztlich alle zermürbt», sagte der CDU-Politiker dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Samstag). Viele Beschränkungen müssten im Kern vermutlich noch einmal verlängert werden. Schwesig sagte mit Hinweis auf mutierte Coronaviren: «Dann, glaube ich, reden wir weniger über Lockerungen, sondern eher über Verschärfungen.»

Seehofer mahnte ebenfalls zur Vorsicht. «Im Moment kann niemand seriös beurteilen, wie es Mitte Februar weitergeht», sagte der Innenminister. Man könne aber nach allen Erfahrungen bei der Infektionsbekämpfung sagen, dass man nicht sofort und vollständig zu normalen Verhältnissen zurückkehren könne. «Das wird nur stufenweise möglich sein.» Andernfalls drohe eine dritte Welle.

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