Eltern erziehen Kids von heute mit Youtube und Harmonie
Eine Psychologin warnt, dass die heutigen Kinder zu sehr mit Harmonie und Elektronik erzogen würden. Die Eltern würden Konflikte vermeiden.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Generation Alpha wächst mit viel Technologie und kaum Grenzen auf.
- Die Eltern setzen zu stark auf Harmonie und würden Konflikte vermeiden.
- Erziehungsaufgaben würden oft ausgelagert, sagt eine Psychologin.
Auf die Generation Z folgt nun die Generation Alpha. Und die Kinder der Jahrgänge 2010 bis 2024 stehen bereits in der Kritik. Auch ihren Eltern werden Vorwürfe gemacht.
Psychologin Nicole Hanisch hat die Generation durch Gespräche mit Kindern und Eltern untersucht. Die Kids würden ohne Festlegung leben, in einer Welt der unbegrenzten Möglichkeiten aufwachsen und kaum Grenzen kennenlernen.
Es gebe wenig feste Strukturen im Tagesablauf und nur geringe Frustrationstoleranz. «Viele Kinder haben daher Schwierigkeiten, ein Selbstkonzept zu entwickeln», sagt Hanisch gegenüber «Focus».
Psychologin sieht Schuld bei den Eltern
Die Schuld sieht sie bei den Eltern, die den Kindern möglichst viel bereitstellen und alle Möglichkeiten offen halten wollten. Auch seien sie bestrebt, den Nachwuchs mit allem auszustatten – Smartphones, Tablets, Kleidung und Spielzeug.
Die Erziehungsideale seien «Harmonie und Empathie»: Die Eltern wollten Konflikte vermeiden, setzen daher kaum Grenzen und würden die Kinder nicht Dingen verpflichten, die ihnen nicht gefielen.
Psychologin Hanisch nennt das Essen als Beispiel: Es würden nur noch selten die gleichen Mahlzeiten gemeinsam eingenommen. Die Kinder dürften essen, wann und was sie wollten. «Eltern versuchen, Konflikte mit ihren Kindern zu umgehen.»
Zudem würden Eltern immer mehr Erziehungsaufgaben auslagern: An externe Institutionen wie Kitas oder Schule und auch an Medien: Youtube oder Zeichentrickfilme würden «gezielt als Assistenten genutzt, um die Kinder abzulenken, anzuleiten oder ruhigzustellen». Die Eltern würden «aus der Distanz» erziehen, echte Interaktion mit den Kids würde als anstrengend wahrgenommen.
«Eltern setzen lieber auf Kontrolle statt Interaktion»
Gleichzeitig setzen Eltern heutzutage vermehrt auf Überwachung durch Handyortung oder Smartwatches. Dabei wollten Kinder auch mal unbeobachtet sein, sagt Hanisch. Sie rät den Eltern, lieber zu fragen, wo denn die Kids hingingen und was sie vorhätten. Doch dadurch könne ein Konflikt entstehen, «Eltern setzen deshalb lieber auf Kontrolle statt Interaktion».
Die Kinder haben also alles, was sie wollen, und kaum Grenzen, zufrieden wirkten sie aber nicht. Es fehle ihnen an Interaktion und Auseinandersetzungen mit den Eltern. Die Kids hätten nicht gelernt, mit Schwierigkeiten und Frustration umzugehen, seien nicht gut gerüstet für das Leben.
Auf Nachfrage kann Psychologin Nicole Harnisch aber doch noch etwas Gutes über die Generation Alpha sagen: «Sie ist sehr weltoffen und tolerant.»