Eltern von Luises Täterinnen haben die Stadt verlassen
Die Eltern der Mörderinnen von Luise haben Freudenberg verlassen. Die Tat sei auch für sie eine enorme Belastung, sagen Psychologen.
Das Wichtigste in Kürze
- Nach dem Mord an Luise haben die Eltern der Täterinnen die Stadt verlassen.
- Laut einem Psychologen ist das eine übliche Reaktion, aus Scham und Schuldgefühlen.
- Die Eltern könnten zivilrechtlich für die Tat der Töchter zur Rechenschaft gezogen werden.
Nach dem schrecklichen Mord an Luise (†12) wurden die Täterinnen (12 und 13) «ausserhalb des häuslichen Umfelds untergebracht», berichtet «WDR». Aufgrund des Alters drohen ihnen keine strafrechtlichen Konsequenzen, das Jugendamt kann aber Massnahmen beschliessen.
Wenn die beiden Mädchen wieder zu ihren Eltern dürfen, werden sie kaum nach Freudenberg zurückkehren. Denn die Eltern haben den Ort bis auf Weiteres verlassen. Ein übliches Verhalten, wie der Psychologe und Kriminologe Helmut Kury gegenüber «Focus» sagt. Als Gründe nennt er Scham, Schuldgefühle und Angst vor Stigmatisierung.
Die Tat sei auch für sie eine «enorme Belastung», sie machten sich wohl schwere Vorwürfe. «Ihnen ist natürlich klar, dass ihr Kind nicht nur ein Leben genommen, sondern auch das eigene verpfuscht hat.»
Die forensische Psychologin und Profilerin Alina Wilms sieht in den bekannten Details der Tat «klare Anzeichen für eine gewaltorientierte Fehlentwicklung». Denn die Tötung durch Messerstiche sei «sehr intim»: Es brauche eine räumliche Nähe, die Täterinnen spürten, wie das Messer ins Fleisch eindrang und Schaden anrichtete.
Psychologin: Täterinnen haben mehr Gewalt ausgeübt als notwendig
Auch seien die Täterinnen nach dem ersten Stich nicht wie eigentlich üblich erschrocken. Sie hätten keine Gegenhandlungen, beispielsweise Hilfeleistungen, unternommen oder Reue gezeigt, analysiert Wilms. Auch das Blut und die Verteidigungsversuche des Opfers hätten die Mädchen nicht abgehalten, weiterzumachen. Nach der Tat seien sie nicht reumütig aktiv geworden.
Laut der Polizei verblutete Luise aufgrund «zahlreicher Messerstiche». Möglicherweise sei mehr Gewalt ausgeübt worden, als notwendig gewesen wäre, so Wilms. Dies könne ein Zeichen von «besonderer Gewaltbereitschaft, Wut oder Sadismus» sein.
Sie gibt zu bedenken: Kinder, die bereits in so jungen Jahren extreme Grenzen überschritten, hätten ein erhöhtes Risiko, auch später gewaltbereit zu sein. Bei einer Unterbringung mit anderen Kindern könnten sie diese ebenfalls gefährden. Sie rät deshalb, «sehr achtsam und ausgewogen eine sinnvolle Lösung» zu suchen.
Auch Psychologe Kury rät zu einer fachlichen Begleitung auf mehreren Ebenen mit psychologischer und sozialarbeiterischer Betreuung. Die Täterinnen einfach zu den Eltern zurückschicken und schauen, was passiere, «geht nicht».
Er macht auch indirekt den Eltern Vorwürfen: Er ist überzeugt, dass Kinder aus funktionierenden Elternhäusern eher keine schweren Straftaten begingen. «Schlechte Erziehung ist aber keine Straftat», deshalb müssten sie nicht zwangsläufig mit einer Strafe rechnen. Zivilrechtlich aber könnten die Eltern der Mörderinnen von Luise zur Rechenschaft gezogen werden.