Erdogan in Berlin - Türkei buhlt um Kampfjets
Bundeskanzler Olaf Scholz und der türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan treffen sich bei einem Abendessen. Zu besprechen gibt es einiges.
Kurz vor dem Treffen von Bundeskanzler Olaf Scholz und dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan hat die Türkei auf ein deutsches Ja zum türkischen Kauf von Eurofighter-Jets gedrängt. Ankaras Interesse an 40 Kampfflugzeugen sei der Regierung bekannt, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Freitag in Berlin. Erdogan traf derweil im Schloss Bellevue Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Ob das türkische Interesse an den Kampfflugzeugen auch bei dem für den Abend geplanten Essen mit Scholz auf den Tisch kommen sollte, war zunächst unklar.
Der türkische Verteidigungsminister Yasar Güler hatte am Donnerstag gesagt, man beabsichtige 40 der Kampfflugzeuge zu kaufen und habe bereits die Zustimmung von Grossbritannien und Spanien. «Jetzt arbeiten sie daran, Deutschland zu überzeugen», zitierte ihn die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu.
Deutschland ist an der Produktion der Eurofighter beteiligt. Deswegen ist eine Zustimmung der Bundesregierung bei jedem Exportgeschäft erforderlich. Die Lieferung von Eurofightern nach Saudi-Arabien hat die Bundesregierung zuletzt unterbunden. Der Kampfjet wird in Grossbritannien gefertigt.
Umstrittene Aussagen Erdogans bezüglich Gaza-Krieg
Der Besuch Erdogans ist auch wegen dessen scharfer Verbalattacken gegen Israel im Zusammenhang mit dem Gaza-Krieg umstritten. Erdogan hatte die Ermordung vieler Hundert israelischer Zivilisten beim Terrorangriff am 7. Oktober zwar verurteilt, die dafür verantwortliche Hamas aber später als «Befreiungsorganisation» bezeichnet. Israel warf er dagegen einen «Genozid» (Völkermord) im Gazastreifen vor und stellte sogar Israels Existenzrecht infrage.
Israel versuche, «einen Staat aufzubauen, dessen Geschichte nur 75 Jahre zurückreicht und dessen Legitimität durch den eigenen Faschismus infrage gestellt wird», sagte er Ende vergangener Woche. Scholz hat die Vorwürfe Erdogans gegen Israel als «absurd» zurückgewiesen. Gleichzeitig erklärte Erdogan aber auch immer wieder seine Unterstützung für eine Zwei-Staaten-Lösung – eine Haltung, die er mit dem Bundeskanzler teilt.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat in einem Gespräch mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan die deutsche Position im Nahost-Konflikt «mit Nachdruck deutlich gemacht». Beide Staatsoberhäupter stimmten laut Bundespräsidialamt darin überein, dass alle Anstrengungen darauf gerichtet sein müssten, zur Befreiung der Geiseln beizutragen und die regionale Ausweitung des Konflikts zu verhindern.
Ja zur Aufnahme Schwedens als Druckmittel
Die Nato-Partner dürften zudem das ausstehende Ja des türkischen Parlaments zur Aufnahme Schwedens in das Verteidigungsbündnis thematisieren. Das scheint sich früherer Zusagen Erdogans zum Trotz weiter zu verzögern: Die zuständige Kommission im türkischen Parlament vertagte am Donnerstag ihre Entscheidung, laut türkischen Medienberichten auch auf Druck von Erdogans Parteikollegen. Es gebe noch weiteren Klärungsbedarf, hiess es. Wann das Thema erneut auf die Tagesordnung gesetzt wird, war zunächst unklar.
Türkische Journalisten spekulierten, Erdogan könnte dies als Druckmittel in den Verhandlungen um die Eurofighter nutzen wollen. Der türkische Staatschef hatte zuvor versucht, sein Einverständnis zur Nato-Erweiterung an Kampfjets aus den USA zu knüpfen.
Bei dem Treffen zwischen Scholz und Erdogan dürfte es vor dem Hintergrund der aktuellen Situation auch um den Flüchtlingspakt zwischen der EU und der Türkei gehen. Über ihn hatte sich die Türkei verpflichtet, die Schleuseraktivitäten an ihrer Grenze zu stoppen und Migranten zurückzunehmen, die illegal über die Türkei auf die griechischen Inseln kommen. Im Gegenzug erhielt Ankara von der EU Milliardenhilfen unter anderem für die Unterbringung der Flüchtlinge. Von Griechenland nimmt die Türkei jedoch seit 2020 keine Migranten mehr zurück – begründet wurde das damals mit dem Ausbruch der Corona-Pandemie. Türken stellten zudem im Oktober die meisten Asylanträge in Deutschland.