Erntehelfer wird sterbend liegen gelassen

Ein italienischer Erntehelfer wurde nach einem Unfall vom Arbeitgeber nicht versorgt. Der Fall löst eine Debatte aus, Gewerkschaftler reden von Sklaverei.

Italien
In Italien arbeiten viele Erntehelfer ohne Arbeitsbewilligung und zu Hungerlöhnen. (Symbolbild) - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Ein Erntehelfer in Italien stirbt nach einem Unfall und unterlassener Hilfeleistung.
  • Er arbeitete illegal und zu einem Hungerlohn.
  • Italien debattiert über diese «moderne Sklaverei» und kündigt strengere Kontrollen an.

Italien diskutiert nach einem tragischen Vorfall über seine Erntehelfer. Gewerkschaften sind entsetzt, Politiker kündigen Änderungen an.

Hintergrund ist der Tod eines indischen Erntehelfers nach einem Unfall auf einem Feld in der Nähe von Rom. Der Mann geriet in eine Maschine, die die Felder mit Plastik überzieht. Seine Beine wurden zerquetscht, der rechte Arm abgetrennt. Der Arbeitgeber weigerte sich daraufhin, die Ambulanz zu rufen.

Die Frau des Erntehelfers war beim Unfall in der Nähe. Gegenüber der Polizei sagt sie, sie habe den Besitzer «auf Knien» angefleht, zu helfen. Er habe das Paar dann mit einem Lieferwagen zur Behausung gefahren und den Helfer blutend zurückgelassen.

Nachbarn hätten dann geholfen und den Notruf alarmiert. Eineinhalb Stunden nach dem Unfall wurde schliesslich erste Hilfe geleistet. Der Erntehelfer wurde ins Spital geflogen, verstarb dort aber am Mittwoch.

Erntehelfer verdiente vier Euro pro

Der Fall löst die Debatte über Erntehelfer in Italien aus. Laut Schätzungen arbeiten rund 230'000 Menschen in der Landwirtschaft illegal. Viele kommen aus Ländern wie Indien oder Pakistan und arbeiten zu Billigstlöhnen. Auch der verstorbene Mann soll bloss rund 4 Euro pro Stunde erhalten haben. Er hatte keine Arbeitsbewilligung und möglicherweise nicht einmal eine Aufenthaltsbewilligung.

Der Fall wird in vielen italienischen Zeitungen gross behandelt. Der Generalsekretär der Gewerkschaft der Region sagt, es handle sich leider nicht um einen Horrorfilm. «Es ist alles wahr», sagt Hardeep Kaur.

Gewerkschaften sprechen von moderner Sklaverei

Andere Gewerkschaftler kritisieren den Umgang mit ausländischen Erntehelfern. Teils sprechen sie von moderner Sklaverei. Auf einigen Betrieben im Süden Italien sollen gar Flüchtlingskinder arbeiten.

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Die italienische Arbeitsministerin Marina Calderone spricht von einem «Akt der Barbarei». Und Landwirtschaftsminister Francesco Lollobrigida bezeichnet es als «Tragödie, die uns nicht gleichgültig lassen kann». Er fordert die vollständige Aufklärung und kündigt strengere Kontrollen bezüglich Schwarzarbeit auf Feldern an.

Gegen den Arbeitgeber des verstorbenen Inders wird mittlerweile ermittelt. Es geht um fahrlässige Tötung, unterlassene Hilfeleistung und Verstösse gegen Sicherheitsbestimmungen. Sein Verhalten erklärt der 37-jährige Italiener damit, dass er in Panik geraten sei. Zudem habe der Erntehelfer die Maschine ohne Erlaubnis benutzt.

Kommentare

User #1012 (nicht angemeldet)

Deshalb sollte man mehr in der Schweiz herstellen. Hier kann man es überwachen.

Baldo

Als ob es das erste seit gestern gibt. Was denken die Leute, wass mit all den gestrandeten Flüchtlingen passiert? Die Mafia rekrutiert und vermittelt diese Leute, läuft seit Jahrzehnten so. Ich weiss es hört sich makaber an, 4 Euro die Stunde, sagen wir 40 Euro am Tag, von den 40 Euro wird ihnen für den unmenschlichen Schlafplatz Geld abgezogen. Essen und Trinken müssen sie selber organisieren. Sklaven, hat man einigermaßen gut behandelt, weil man für sie bezahlt hat, aber diese Leute haben kein Wert und man kann in einer Stunde Hunderte neue organisieren.

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