EU-Behörde: Weiter grosse Risiken durch Pestizid-Einsatz in Europa
Der Gebrauch von chemischen Pestiziden ist in der Landwirtschaft nach wie vor stark verbreitet. Das hat Folgen für Insekten und die Natur, aber auch für uns.
Das Wichtigste in Kürze
- Die EU-Umweltagentur EEA warnt vor dem immer noch hohen Einsatz von Pestiziden.
- 22 Prozent aller getesteten Gewässer in Europa waren in einer grossen Studie verschmutzt.
- Die EU will diese Zahl bis 2030 um 50 Prozent reduzieren. Das ist noch ein langer Weg.
Trotz Fortschritten in einigen EU-Staaten stellt der Einsatz von chemischen Pestiziden weiter eine erhebliche Gefahr für die Gesundheit von Mensch und Umwelt in Europa dar.
Zu diesem Schluss kommt die EU-Umweltagentur EEA in einer am Mittwoch veröffentlichten Analyse. Die politischen Entscheidungsträger und die Mitgliedstaaten müssten deutlich mehr dafür tun, die EU-Ziele unter anderem zur Verringerung des Gebrauchs und der Risiken chemischer Pestizide um 50 Prozent bis 2030 zu erreichen.
Die Abhängigkeit von solchen Mitteln könne etwa durch den Übergang zu alternativen Landwirtschaftsmodellen mit ökologischen Konzepten gemindert werden.
Haupttreiber von Umweltverschmutzung
Der weit verbreitete Einsatz von Pestiziden sei eine Hauptquelle für die Verschmutzung von Wasser, Boden und Luft, ausserdem treibe er den Verlust der Artenvielfalt voran und führe zu Schädlingsresistenzen, schrieb die in Kopenhagen ansässige Behörde. Dass Menschen ihnen ausgesetzt sind, stehe in Verbindung zu chronischen Krankheiten wie Krebs und Herz-, Atemwegs- sowie neurologischen Erkrankungen. Dennoch vertraue der Agrarsektor in Europa noch immer auf den Gebrauch grosser Mengen dieser Substanzen, um die Ernteerträge aufrechtzuerhalten.
Der Gebrauch von Pestiziden ist in den vergangenen Jahren in den EU-Staaten relativ konstant geblieben, wie EEA-Experte Dario Piselli sagte. Von 2011 bis 2020 wurden demnach rund 350'000 Tonnen pro Jahr davon verkauft. Die grössten Mengen der meisten aktiven Substanzen wurden in Deutschland, Frankreich, Spanien und Italien abgesetzt – den vier grössten landwirtschaftlichen Erzeugern in der EU.
22 Prozent aller Flüssen und Seen verschmutzt
Der Einsatz hat laut den Experten Folgen sowohl für die Umwelt als auch für den Menschen: In knapp 22 Prozent der Beobachtungsstellen in Flüssen und Seen Europas sei 2020 ein Pestizidniveau oberhalb der Bedenklichkeitsschwelle gefunden worden. In einer Studie im Jahr 2019 hätten 83 Prozent aller getesteten landwirtschaftlichen Böden Pestizidrückstände enthalten. Gerade Insekten mache das zu schaffen, was ihre wichtige Rolle bei der Lebensmittelproduktion gefährde.
Menschen sind demnach vor allem durch die Aufnahme von Lebensmitteln und Trinkwasser betroffen. Bei einer umfassenden Untersuchung in fünf europäischen Ländern zwischen 2014 und 2021 seien in 84 Prozent der genommenen Urinproben mindestens zwei Pestizide entdeckt worden – diese Rate sei besorgniserregend, sagte Piselli. Kinder wiesen durchweg höhere Pestizidkonzentrationen auf als Erwachsene und seien besonders anfällig für negative Gesundheitsfolgen.