EU-Gipfel kommt erstmals wieder in grosser Runde zusammen
Nach stundenlangen Sondierungen für eine Lösung zum Corona-Aufbaufonds ist der EU-Gipfel am Sonntag erstmals in grosser Runde zusammengekommen.
Das Wichtigste in Kürze
- Im Sitzungsaal des EU-Parlaments wird wieder über die Corona-Hilfsfonds diskutiert.
- Mehrere Länder sind gegen nicht rückzahlbare Zuschüsse für schwer betroffene EU-Staaten.
- Bundeskanzlerin Angela Merkel schliesst ein Scheitern des Sondergipfels nicht aus.
Weiterhin schwierige Verhandlungen zu Corona-Hilfsfonds und EU-Haushalt. Die 27 Staats- und Regierungschefs versammelten sich am Abend wieder im Sitzungssaal des Brüsseler Gipfelgebäudes. So ein Sprecher von EU-Ratspräsident Charles Michel auf Twitter. Michel hatte zuvor knapp zehn Stunden lang Gespräche mit Ländergruppen und einzelnen Gipfel-Teilnehmern geführt, um einen Durchbruch vorzubereiten.
Seit Freitag verhandeln die 27 Staats- und Regierungschefs über den 750 Milliarden Euro schweren Corona-Hilfsfonds und den nächsten mehrjährigen EU-Haushalt. Die Verhandlungen in grosser Runde hatten ursprünglich bereits um 12.00 Uhr wieder anlaufen sollen. Der Termin wurde dann drei Mal verschoben.
Mehrere Länder gegen Zuschüsse für schwer betroffene Länder
Österreich, Dänemark, Schweden, die Niederlande und Finnland wehren gegen 500 der 700 Milliarden Euro an Corona-Hilfen. Diese sollen als nicht rückzahlbare Zuschüsse an die schwersten von der Pandemie getroffenen Länder vor allem im Süden Europas gehen. Sie verlangen, diesen Anteil deutlich zu verringern und stattdessen Kredite zu vergeben. Derzeit werde ein Kompromiss zwischen 350 und 400 Milliarden Euro an Zuschüssen gesucht, hiess es aus EU-Kreisen.
Auch weitere Aspekte des Hilfsfonds wie der Umfang der Mittel und die Modalitäten ihrer Auszahlung blieben umstritten. Hinzu kommt ein Konflikt mit Polen und Ungarn beim Thema Rechtsstaatlichkeit. Die beiden Länder lehnen die geplante Verknüpfung der Auszahlung von EU-Mitteln an die rechtsstaatliche Lage in den Mitgliedstaaten vehement ab.
Scheitern des Sondergipfels nicht ausgeschlossen
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron hatten in der Nacht am Sonntagmorgen heftig diskutiert. Ein Scheitern des Sondergipfels wurde nicht ausgeschlossen.
Er habe selten «in so vielen Punkten so diametral entgegengesetzte Positionen gesehen», sagte Luxemburgs Regierungschef Xavier Bettel am Nachmittag. Später verliess er Brüssel in Richtung Luxemburg, wo er nach Angaben einer Sprecherin eine Sitzung zur Pandemie-Bekämpfung zu leiten hatte. Die Sitzung sei wegen des Gipfels bereits zweimal verschoben worden. «Er plant, in der Nacht nach Brüssel zurückzukommen.»
Selbst bei einem Durchbruch zum Corona-Fonds dürfte der Gipfel nach Einschätzung von Diplomaten bis in die frühen Montag-Morgenstunden gehen. Denn dann müssen noch Detailfragen des nächsten EU-Finanzrahmens für die Zeit von 2021 bis 2027 geklärt werden. Aus diesen Programmen sollen Bauern, Regionen, Unternehmen oder Forscher finanziert werden.