EU kauft von Biontech bis zu 1,8 Milliarden weitere Impfdosen
Die Europäische Union kauft innerhalb der nächsten Jahre bis zu 1,8 Milliarden weitere Dosen Corona-Impfstoff von Biontech/Pfizer.
Damit sollen die 70 bis 80 Millionen Kinder in der EU gegen Covid-19 geschützt und Impfungen von Erwachsenen aufgefrischt werden. Die EU-Kommission habe den Vertrag mit dem Hersteller aus Mainz und dem US-Pharmakonzern gebilligt, teilte Präsidentin Ursula von der Leyen am Wochenende mit. 900 Millionen Dosen sollen fest bestellt werden. Weitere 900 Millionen Dosen mit einer Lieferung bis ins Jahr 2023 sind eine Option.
Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur hat das Geschäft ein Volumen von bis zu 35 Milliarden Euro und bedeutet weitere Investitionen in Deutschland und Belgien.
Zwar sagt die EU-Kommission in der Regel offiziell nichts über die Kosten der gekauften Impfstoffe. Nach dpa-Informationen liegt der vereinbarte Preis je Dosis aber in der Grössenordnung, die Bulgariens Ministerpräsident Boiko Borissow kürzlich genannt hatte: etwa 19,50 Euro je Dosis.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) begrüsste den Vertrag. Damit werde für notwendige Nachimpfungen wie auch die Anpassung des Impfstoffs an Virusvarianten gesorgt. Deutschland könnte von den ersten 900 Millionen Impfdosen 165 Millionen bekommen. Das Finanzministerium veranschlagt dafür 3,83 Milliarden Euro.
Der deutsche Europaabgeordnete Martin Schirdewan (Linke) kritisierte im WDR, dass mit dem EU-Grosskauf anderswo Impfstoff fehle. «Das heisst, dass in anderen Weltregionen die Pandemie noch nicht erfolgreich bekämpft werden kann.» Von der Leyen versicherte, man habe vertraglich vereinbart, dass ein Teil der Menge gespendet oder weiterverkauft werden könnte. Dies solle auch Nachbarstaaten der EU helfen.
Für die laufende Impfkampagne hat die EU bereits zwei Rahmenverträge mit Biontech/Pfizer über 600 Millionen Impfdosen geschlossen, die seit Ende 2020 nach und nach ausgeliefert werden. Allein von Anfang April bis Ende Juni erwartet die EU 250 Millionen Dosen dieser Hersteller.
Deren mRNA-Impfstoff gilt als sehr wirksam und sehr sicher. Ein Vorteil der neuartigen mRNA-Technologie ist, dass Impfstoffe relativ schnell an Virenmutationen angepasst werden können. Als Nachteil gilt, dass das Präparat bei sehr tiefen Temperaturen gelagert werden muss und vergleichsweise teuer ist.
Die EU-Kommission verteidigte, dass die Kosten für eine Dosis noch höher sind als bei bisherigen Verträgen mit Biontech/Pfizer. Zuletzt hatte der Preis pro Dosis laut Borissow bei 15,50 Euro gelegen. Es gebe strengere Liefervereinbarungen, andere Haftungsregeln und Vereinbarungen zur Anpassung des Impfstoffes an neue Virus-Varianten, hiess es aus der Brüsseler Behörde. Ausserdem zahle die EU künftig kein Geld mehr zur Produktionsförderung.
Für Auffrischungen und die Impfung von Kindern werden nach Schätzung der Kommission 2022 und 2023 zusammen rund 700 Millionen Dosen benötigt. Tritt eine Mutation des Virus auf, gegen die die bisherigen Impfungen nicht helfen, bräuchte man 640 Millionen Dosen, um 70 Prozent der EU-Bevölkerung völlig neu zu immunisieren.
Von der Leyen hatte schon am 14. April angekündigt, dass mit Biontech/Pfizer über die Lieferung der Riesenmenge verhandelt wird. Teil des Vertrags werde die Vorgabe, dass die Impfstoffe und auch die wesentlichen Bestandteile aus der EU kommen.
Die Gespräche zogen sich dann länger hin als gedacht. Dem Vernehmen nach hatte Frankreich Einwände. Letztlich unterstützten aber alle 27 EU-Staaten den Deal. Nun läuft offiziell noch eine Einspruchsfrist von fünf Werktagen, bis der Vertrag unterzeichnet werden kann.