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Zurück zur Sparpolitik? Debatte um EU-Haushaltsregeln

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Deutschland,

Mit der Debatte um die EU-Haushaltsregeln öffnet die Europäische Kommission ein grosses Fass. Nach der Corona-Pandemie sind viele Länder hoch verschuldet, Investitionen werden dringend gebraucht.

Flaggen der Europäischen Union wehen vor dem Berlaymont-Gebäude in Brüssel. Die EU-Kommission will die Haushaltsregeln für Mitgliedstaaten vereinfachen. Foto: Arne Immanuel Bänsch/dpa
Flaggen der Europäischen Union wehen vor dem Berlaymont-Gebäude in Brüssel. Die EU-Kommission will die Haushaltsregeln für Mitgliedstaaten vereinfachen. Foto: Arne Immanuel Bänsch/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Im Kampf gegen den Klimawandel werden in den kommenden Jahren massive Investitionen gebraucht.

Gleichzeitig haben EU-Staaten während der Corona-Pandemie Rekordschulden aufgenommen, die zurückgezahlt werden müssen.

Vor diesem Hintergrund hat die EU-Kommission eine Debatte zur Reform der EU-Haushaltsregeln gestartet. Die Brüsseler Behörde plädiert für «einfachere fiskalische Regeln» und eine «bessere Umsetzung». Von einer umfangreicheren Überarbeitung der Vorgaben, wie sie einige EU-Staaten fordern, ist nicht die Rede.

Vereinfachung gefordert

Das Spannungsfeld liegt zwischen hohen Schulden und Defiziten wegen der Corona-Krise einerseits und wichtigen Investitionen für eine digitalere und klimafreundlichere Wirtschaft andererseits. «Wir müssen diese Herausforderungen direkt angehen, um unsere Gesellschaften nachhaltiger, fairer und wettbewerbsfähiger zu machen. Dafür brauchen wir effektive Regeln», sagte Kommissionsvize Valdis Dombrovskis. Eine Vereinfachung der komplizierten Regeln sei wichtig.

Insgesamt habe sich die Flexibilität des bestehenden Regelwerks in der Corona-Krise bewährt. Doch die EU-Kommission denkt schon an eine mögliche nächste Krise. Dafür sei es notwendig, Schulden zu reduzieren, um einen Puffer zu schaffen, sagte Dombrovskis. «Aber wir müssen das auf eine intelligente, schrittweise, nachhaltige und wachstumsfreundliche Art und Weise machen.» Die Schuldenquote der EU-Staaten unterscheidet sich teils erheblich. Teil der Diskussionen werde sein, ob man anpassen könne, wie schnell man die Schulden jeweils reduzieren muss, sagte Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni.

Der Stabilitäts- und Wachstumspakt sieht vor, dass EU-Länder nicht mehr als 60 Prozent ihrer Wirtschaftsleistung an Schulden aufnehmen. Haushaltsdefizite sollen bei 3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts gedeckelt werden. Der Pakt wurde im vergangenen Jahr ausgesetzt, da die EU-Staaten enorme Schulden aufnehmen mussten, um die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie abzufedern. 2023 soll er wieder in Kraft treten. Die durchschnittliche Schuldenquote in der EU lag 2020 allerdings bei 92 Prozent, wie aus dem Papier der EU-Kommission hervorgeht. Defizite lagen im Durchschnitt bei 7 Prozent.

Noch keine Vorschläge

Konkrete Vorschläge für eine Überarbeitung der Regeln des Pakts macht die Kommission in ihrem Papier zunächst nicht. Die Behörde wolle eine Spaltung der EU-Staaten wie nach der Finanzkrise 2008 vermeiden, sagte ein Kommissionsbeamter. Damals hatte die Durchsetzung einer strikten Sparpolitik in einigen Ländern verheerende Folgen, hohe Arbeitslosigkeit etwa. Zunächst müsse man sich auf eine gemeinsame Analyse der wirtschaftlichen Lage einigen, bevor man daraus Schlüsse für die Haushaltsregeln ziehen könne, so der Beamte weiter.

Das Thema droht schon jetzt, die EU-Staaten zu entzweien. Besonders Länder mit hohen Schulden wie Italien fürchten, dass eine rasche Rückkehr zu den strengen Vorgaben dem wirtschaftlichen Aufschwung schaden könnte. Auch Frankreich fordert, die Regeln umfassend zu überdenken. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) sagte zuletzt hingegen, er finde die Regeln flexibel genug. Auch nordische Länder wie Dänemark und Schweden wollen nur kleine Änderungen und pochen auf eine Rückkehr zu klaren Haushaltsvorgaben.

Klima und Digitalisierung

Ein weiteres Thema sind die künftigen Investitionen, um die Digitalisierung und eine klimaneutralere Wirtschaft voranzubringen. Der Kommission zufolge sind dafür bis 2030 rund 650 Milliarden Euro pro Jahr notwendig. Zuvor hatte es einen Vorschlag gegeben, bestimmte Investitionen für den Umwelt- und Klimaschutz aus den strikten Haushaltsregeln auszuschliessen. Auch darüber soll Dombrovskis und Gentiloni zufolge diskutiert werden. Einige Staaten wie Frankreich hatten solch eine Lösung begrüsst. Andere wie Österreich sehen Ausnahmen skeptisch.

Die Reform des Stabilitäts- und Wachstumspakts beschäftigt die EU seit Jahren. Die Vorschriften wurden nach der Finanzkrise 2011 und 2013 nachgeschärft, gelten aber als kompliziert und oft politisch kaum durchsetzbar. Der letzte Reformprozess wurde wegen der Pandemie vergangenes Jahr auf Eis gelegt. Mit dem Papier startet die Kommission nun eine neue Befragung von Beteiligten und Experten, wie die Haushaltsregeln angepasst werden sollen. Die Konsultation läuft bis Ende des Jahres. Im Frühling 2022 will die Kommission ihre eigene Position darlegen.

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