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EU-Parlament vergibt Sacharow-Preis an inhaftierten Uiguren

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Frankreich,

Vor rund fünf Jahren wurde der chinesisch-uigurische Wirtschaftsprofessor zu lebenslanger Haft verurteilt - wo er sich derzeit befindet, ist unklar. Seine Tochter appelliert nun an die Europa-Abgeordneten.

Jewher Ilham nimmt für ihren Vater den Sacharow-Preis aus den Händen des Präsidenten des Europäischen Parlaments, David Sassoli, entgegen. Im Hintergrund ist ein Foto von Ilham Tohti zu sehen. Foto: Philipp von Ditfurth/dpa
Jewher Ilham nimmt für ihren Vater den Sacharow-Preis aus den Händen des Präsidenten des Europäischen Parlaments, David Sassoli, entgegen. Im Hintergrund ist ein Foto von Ilham Tohti zu sehen. Foto: Philipp von Ditfurth/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Tochter des inhaftierten chinesisch-uigurischen Wirtschaftswissenschaftlers Ilham Tohti hat den renommierten Sacharow-Preis des Europaparlaments für ihren Vater entgegengenommen.

Sie wolle ihren Vater unterstützen, auch wenn sie nicht wisse, wo er sich derzeit befinde, sagte Jewher Ilham im Plenum in Strassburg. Sie glaube fest, dass er noch am Leben sei. «Das Volk der Uiguren braucht Sie», sagte Ilham zu den EU-Abgeordneten.

Die Mitgliedsländer der Europäischen Union sollten China zur Verantwortung ziehen. Dabei gehe es nicht darum, China zu bekämpfen, sondern Menschenrechte zu schützen, sagte Ilham, die am Rednerpult ein Foto ihres Vaters zeigte. Den Uiguren in Westchina würden die Grundrechte versagt. «Sie werden gezwungen, ihre Religion, ihre Sprache, ihre Kultur aufzugeben.»

Der Sacharow-Preis wird seit 1988 vom Europäischen Parlament an Persönlichkeiten oder Organisationen verliehen, die sich für die Verteidigung der Menschenrechte und der Meinungsfreiheit einsetzen. Tohti hatte zuletzt auch den Vaclav-Havel-Menschenrechtspreis des Europarats erhalten.

Das EU-Parlament will sich am Donnerstag in einer Resolution zur Lage der Uiguren in China positionieren. Der vor fünf Jahren wegen «Separatismus» zu lebenslanger Haft verurteilte Intellektuelle Tohti ist einer der bekanntesten Vertreter der muslimischen Minderheit der Uiguren in China. Der Professor der Minderheiten-Universität (Minzu Daxue) in Peking gilt eigentlich als gemässigte Stimme. Er war Mitbegründer einer Webseite über Uiguren, die auf Dialog mit Han-Chinesen, der grössten Volksgruppe im Land, bedacht war.

Tohti bezahle einen hohen Preis für seinen Kampf, sagte EU-Parlamentspräsident David Sassoli. Er forderte China erneut auf, den 50-Jährigen umgehend aus der Haft zu entlassen. Das Europäische Parlament müsse ein Sprachrohr für die Gedanken- und Meinungsfreiheit sein. Tohtis Kampf habe den Dialog, Mässigung und die kulturelle Vielfalt in China beleuchtet.

Dass der Preis an Tohti gehe, sei das richtige Signal zur richtigen Zeit, sagte der aussenpolitische Sprecher der EVP-Fraktion, Michael Gahler (CDU). «Ich erwarte von der EU-Kommission und den Mitgliedstaaten, dass sie klare Worte gegenüber der chinesischen Führung finden», so die SPD-EU-Abgeordnete Evelyne Gebhardt.

Das ungewöhnlich harsche Urteil im September 2014 gegen den Pekinger Wirtschaftsprofessor erscheint heute als Vorläufer der verschärften Verfolgung des Turkvolkes in der Nordwestregion Xinjiang. Nach Schätzungen sollen rund eine Millionen Uiguren in Umerziehungslager gesteckt worden sein, was weltweit Empörung ausgelöst hat.

Investigativjournalisten hatten Ende November ein Licht auf die Lage der Uiguren in Westchina geworfen. Das Konsortium Investigativer Journalisten (ICIJ) enthüllte geheime Dokumente der Kommunistischen Partei Chinas, die zeigen, dass die in Peking als Weiterbildungseinrichtungen bezeichneten Lager streng bewachte Einrichtungen zur Umerziehung sind.

Auch widerlegen sie Aussagen der chinesischen Regierung, wonach der Aufenthalt darin freiwillig sei. Die Unterlagen zeigen zudem, wie Uiguren gezielt überwacht werden und eine grosse Datenbank alle möglichen Informationen sammelt, um Verdächtige zu ermitteln.

Die jüngsten Enthüllungen beweisen, dass die chinesische Propaganda fortwährend die Wirklichkeit leugnet», sagte Reinhard Bütikofer (Grüne), der der China-Delegation des EU-Parlaments vorsitzt. Es sei nicht hinnehmbar, dass Chinas Führung versuche, kritische Äusserungen im Ausland zu unterbinden und damit seine Zensur exportiere.

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