Forschungsteam entdeckt 18'000 Jahre alte Kannibalismus-Spuren
Ein Forschungsteam hat an menschlichen Knochen aus der späten Eiszeit in Mitteleuropa Spuren von Kannibalismus gefunden.
![Menschliche Knochen](https://c.nau.ch/i/RlrPW/900/menschliche-knochen.jpg)
Das Wichtigste in Kürze
- In der späten Eiszeit assen Menschen offenbar Teile von Verstorbenen.
- Forscher fanden an 18'000 Jahre alten Knochen aus Mitteleuropa Spuren von Kannibalismus.
- Das Forschungsteam fand in 36 Fällen Spuren einer Zerlegung nach dem Tod.
Menschen in der späten Eiszeit haben Teile von Verstorbenen verspeist. Das zeigen neue Funde.
Forscher entdeckten an menschlichen Knochen aus Mitteleuropa Spuren von Kannibalismus. Diese stammen aus der Zeit vor 18'000 Jahren, wie die Universität Göttingen berichtete.
Schnittstellen an den Überresten aus der Maszycka-Höhle in Südpolen deuten auf eine systematische Zerlegung von Verstorbenen hin. Sie legen auch nahe, dass Kannibalismus praktiziert wurde.
Menschen direkt nach Tod zerlegt
Die Maszycka-Höhle ist eine bedeutende Fundstätte aus der späten Altsteinzeit. Bereits vor mehr als hundert Jahren entdeckten Forscher dort zwischen Steingeräten, Knochenspitzen und Jagdbeuteresten eiszeitlicher Tiere auch Menschenknochen.
Grabungen in den 60er-Jahren förderten weitere menschliche Überreste zutage. Insgesamt standen 63 Knochen von zehn Individuen aus der späten Eiszeit für die Untersuchung zur Verfügung.
Ein internationales Forschungsteam identifizierte mit modernen Methoden Spuren in 36 Fällen. Diese deuten auf eine Zerlegung der Menschen unmittelbar nach ihrem Tod hin.
Schnittspuren an Schädelfragmenten zeugen demnach von einer Abtrennung von Muskelansätzen und Kopfhaut. Lange Knochen wurden zerschlagen, um an das Knochenmark zu gelangen.
Kannibalismus aus Not unwahrscheinlich
Diese Funde werden mit den Magdalénien in Frankreich in Verbindung gebracht. Die Magdalénien-Gesellschaft existierte vor etwa 20'000 bis 14'500 Jahren.
Sie ist bekannt für ihre eindrucksvollen Kunstwerke, wie die berühmten Höhlenmalereien von Lascaux.
Erstautor Francesc Marginedas hält eine Art Gewaltkannibalismus für möglich.
Nach dem Kältemaximum der letzten Eiszeit kam es zu einem Bevölkerungswachstum. Dies könnte zu Konflikten um Ressourcen und Territorien geführt haben.
Zudem seien in der Maszycka-Höhle menschliche Überreste mit Siedlungsabfall vermischt, was auf keinen respektvollen Umgang mit den Toten hindeute.
Die Forscher halten einen Kannibalismus aus Not für unwahrscheinlich. Die vielfältigen künstlerischen Zeugnisse deuten auf günstige Lebensbedingungen in dieser Zeit hin. Die Ergebnisse erschienen in der Fachzeitschrift «Scientific Reports».