Erste Urteile im Prozess um G20-Randale in Hamburg
Rund 220 Vermummte zogen anlässlich des G20-Gipfels über die Hamburger Elbchaussee. Aus dem Aufzug heraus wurden Autos und Gebäude angezündet. Drei Jahre danach fällt nun das erste Urteil.
Das Wichtigste in Kürze
- Im ersten Prozess im Zusammenhang mit dem gewalttätigen Aufmarsch an der Hamburger Elbchaussee beim G20-Gipfel sind fünf junge Männer verurteilt worden.
Gegen drei von ihnen verhängte die Jugendkammer des Hamburger Landgerichts Haftstrafen, die teilweise zur Bewährung ausgesetzt wurden.
Ein 24-Jähriger aus Frankreich wurde wegen schweren Landfriedensbruchs, Beihilfe zur Brandstiftung, versuchter gefährlicher Körperverletzung und tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte zu drei Jahren Gefängnis verurteilt. Nach Überzeugung der Strafkammer hatte er bei weiteren Protesten gegen den Gipfel noch dreimal Polizisten mit Steinen und Flaschen angegriffen.
Die Angeklagten waren nach Überzeugung des Gerichts unter den rund 220 schwarz Vermummten, die am Morgen des 7. Juli 2017 über die Elbchaussee zogen. Aus dem Aufzug heraus wurden Autos und Gebäude angezündet, zahlreiche Scheiben eingeschlagen und Häuser mit Farbe beschmiert. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft entstand ein Schaden von rund einer Million Euro. Sechs Menschen erlitten Schocks oder wurden verletzt.
Ein 26-Jähriger aus Flörsheim am Main (Hessen) erhielt ein Jahr und fünf Monate Haft auf Bewährung, ein 24-Jähriger aus Offenbach eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und drei Monaten. Die beiden anderen, zwei junge Männer ebenfalls aus Offenbach im Alter von 20 Jahren, müssen wegen Landfriedensbruchs 20 Arbeitsleistungen zu je sechs Stunden erbringen. Sie waren zur Tatzeit noch Jugendliche.
Die Staatsanwaltschaft hatte deutlich härtere Strafen zwischen zweieinhalb und fast fünf Jahren Haft gefordert. Die Verteidiger hatten auf Freispruch plädiert.
Die Angeklagten hätten zumindest billigend in Kauf genommen, dass Banken, Versicherungen und Immobilienbüros beschädigt, Barrikaden errichtet und Polizisten mit Steinen beworfen wurden, sagte die Vorsitzende Richterin Anne Meier-Göring. Den eigentlichen Gewalttätern, die etwa ein Viertel des Aufmarsches ausmachten, hätten sie die Basis geboten und sich mit ihnen solidarisiert.
Allerdings seien ihnen ein Angriff auf eine Frau, die die Ausschreitungen mit dem Handy filmte, und ein weiterer auf einen Linienbus mit Fahrgästen nicht zuzurechnen. Beim Entschluss zur Teilnahme hätten sie davon ausgehen können, dass sich die Aktion nicht gegen die Zivilbevölkerung richten würde. Denn solche Angriffe seien in der linken Szene nicht üblich.
Meier-Göring übte scharfe Kritik an der Staatsanwaltschaft, aber auch an den Verteidigern. Ein Polizeizeuge habe die Angeklagten im Prozess zu Recht als «kleine Fische» bezeichnet. Tatsächlich hätten sie aber nicht nur friedlich demonstrieren wollen, wie die Verteidiger erklärten. Es sei aber auch falsch, die Angeklagten als Teil eines schwarzen Mobs zu bezeichnen, dessen sämtliche Teilnehmer auf sittlich niedrigster Stufe gestanden hätten. Die Staatsanwaltschaft habe da politische Stimmungsmache betrieben.
Sie habe selten so viel persönliche Betroffenheit, Meinungsmache und Schwarz-Weiss-Malerei erlebt, sagte die Richterin. Die Kammer habe sich um eine unideologische Sicht auf das Geschehen bemüht. «Der Aufmarsch war ein Protestmarsch, dessen Meinungsäusserung erfolgte von Anfang an mit gewalttätigen und einschüchternden Mitteln.» Er sei nicht von der Versammlungsfreiheit im Grundgesetz geschützt gewesen. Alle Teilnehmer hätten sich wegen Landfriedensbruchs strafbar gemacht.