Grossbritannien: Unklare Hepatitis bei Kindern
In Grossbritannien sind zuletzt Dutzende unüblich schwere Hepatitis-Fälle bei Kindern aufgefallen. In geringerer Zahl gibt es Berichte auch aus anderen Ländern. Wie steht es um die Lage in Deutschland und was sind mögliche Ursachen?
Das Wichtigste in Kürze
- Anders als in Grossbritannien und weiteren Ländern sehen deutsche Experten bislang keine Hepatitis-Auffälligkeiten bei Kindern hierzulande.
Bisher seien dem Robert Koch-Institut (RKI) keine Fälle bekannt geworden, teilte eine RKI-Sprecherin auf Anfrage mit. Das RKI habe mehrere medizinische Fachgesellschaften und die Länder informiert und um erhöhte Aufmerksamkeit und Information im Fall des Auftretens von ähnlichen Fällen in Deutschland gebeten.
«Vermuten wir eine bislang unbekannte Virusinfektion»
Der Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ), Burkhard Rodeck, sagte der Deutschen Presse-Agentur: «Wir haben nach den Berichten aus Grossbritannien die Kinder-hepatologischen Zentren in Deutschland abgefragt: Es gibt aber bisher keinerlei besorgniserregenden Signale für eine ungewöhnliche Häufung. In den Zentren wären schwere Fälle aufgefallen, wenn zum Beispiel eine Lebertransplantation nötig wird.»
«Grundsätzlich ist eine schwere Hepatitis bei Kindern eher selten. Auch dass keine klare Ursache gefunden werden kann, ist gut bekannt», sagte Rodeck. «In der Regel vermuten wir eine bislang unbekannte Virusinfektion. Es kommen mehrere Arten von Viren in Frage, nicht nur die Hepatitisviren A bis E. Die bekannten Viruserkrankungen kann man natürlich diagnostizieren, bisher nicht bekannte bleiben unklar.»
Mehr als 70 Betroffene in Grossbritannien
Zunächst war Mitte April ein Anstieg akuter Hepatitis-Fälle bei Kindern und Jugendlichen bis 16 Jahre in Grossbritannien bekannt geworden. Es geht um mehr als 70 Betroffene, die meisten davon aus England. Die Hepatitisviren A, B, C, D und E wurden laut Behörden durch Laboruntersuchungen ausgeschlossen. In mehreren Fällen seien eine Corona-Infektion und/oder Adenoviren nachgewiesen worden.
Vergangenen Freitag berichtete die Weltgesundheitsorganisation (WHO) darüber hinaus von einigen wenigen Fällen in Irland und Spanien, die in der Folge gemeldet worden seien. Die EU-Gesundheitsbehörde ECDC sprach am Dienstag zudem noch von Fällen in Dänemark und den Niederlanden - sowie neun jungen Betroffenen im US-Bundesstaat Alabama, die ebenfalls positiv auf Adenoviren getestet worden seien. In allen Ländern liefen noch Nachforschungen. Ob es sich bei den berichteten Fällen tatsächlich um eine Häufung verglichen mit dem üblichen Geschehen handle, sei angesichts geringer Fallzahlen noch nicht ganz klar, sagte Rodeck.
Zwölf Fälle in Israel
In Israel berichtete das Gesundheitsministerium von insgesamt zwölf Fällen in den vergangenen Monaten von akuter Hepatitis bei Kindern ohne erkennbaren Grund, die in zwei Krankenhäuser eingewiesen worden waren. Die Fälle würden untersucht. In Israel werden Kinder standardmässig gegen Hepatitis A und B geimpft.
Britische Experten halten laut ECDC eine Infektion für die wahrscheinlichste Ursache, auch wenn Untersuchungen etwa auf giftige Stoffe noch laufen. Fachleute fanden der EU-Behörde zufolge keine Verbindung zu Covid-19-Impfungen. Ebenso wenig zeigte sich ein Muster bei Reisen, Lebensmitteln, Getränken und Gewohnheiten der Betroffenen.
In der Regel verläuft eine Hepatitis bei Kindern Experten zufolge oft ohne Symptome oder nur mit geringer Beeinträchtigung. Bei den betroffenen Kindern in Grossbritannien waren stark erhöhte Leberenzyme gemessen worden, viele hatten Gelbsucht. Auch von Magen-Darm-Beschwerden war die Rede, etwa Bauchschmerzen, Durchfall und Erbrechen. Fieber sei meist nicht aufgetreten. In Grossbritannien erhielten sechs Kinder eine Lebertransplantation.