Gutachter stuft Hamburger Amoktäter als «religiösen Fanatiker» ein

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Deutschland,

Nach dem Attentat auf einen Gottesdienst der Zeugen Jehovas in Hamburg haben Gutachter den Täter als «religiösen Fanatiker» und Narzisst eingestuft.

Polizeibeamte stehen im Hamburger Stadtteil Alsterdorf vor dem Gebäude der Zeugen Jehovas, wo ein Amokläufer erst sieben Mensch und dann sich selbst tötete.
Polizeibeamte stehen im Hamburger Stadtteil Alsterdorf vor dem Gebäude der Zeugen Jehovas, wo ein Amokläufer erst sieben Mensch und dann sich selbst tötete. - Christian Charisius/dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • Der Attentäter aus Hamburg soll ein «religiöser Fanatiker» sein.
  • Vor rund eineinhalb Wochen griff Philipp F. einen Gottesdienst der Zeugen Jehovas an.
  • Zuvor soll er in einem Buch seinen Hass auf die christliche Religion ausgedrückt haben.

Nach dem tödlichen Amoklauf in einer Hamburger Kirche der Zeugen Jehovas hat ein Gutachter den 35-jährigen Täter Philipp F. einem Medienbericht zufolge auf der Grundlage eines von diesem selbst veröffentlichten Buchs als einen «religiösen Fanatiker» eingestuft.

Das plausibelste Tatmotiv sei «Hass auf christliche Religionsgemeinschaften». Dies heisst es laut dem «Spiegel» in der Analyse des Extremismusforschers Peter Neumann für die Hamburger Polizei.

Zwei Experten für Psychiatrie haben dem Attentäter ausserdem mit hoher Wahrscheinlichkeit eine narzisstische Persönlichkeitsstörung diagnostiziert. Auch dafür diente sein selbst veröffentlichtes Buch laut einem Bericht der «Zeit» als Grundlage.

F. habe deutliche Anzeichen von Selbstüberschätzung und Grössenwahn und ein übersteigertes Bedürfnis nach Anerkennung gezeigt, so ein Gutachter. Eindeutige Hinweise auf psychotische Erkrankungen mit Wahnsymptomen fand er der «Zeit» zufolge nicht. Zudem gäbe es auch keine klaren Anzeichen für andere psychische Erkrankungen oder Drogensucht.

Keine Hinweise auf Attentat in Buch

Hinweise auf geplante Attentate fänden sich in dem vor der Tat veröffentlichten Buch allerdings ebenso wenig wie Gewaltaufrufe. Es sei daher kein «Manifest», wie es Täter in ähnlichen Fällen schon hinterlassen hätten, sagte Neumann dem «Spiegel».

Ohne Kenntnis der späteren Ereignisse sei es sogar unmöglich, daraus auf einen bevorstehenden Angriff auf Zeugen Jehovas zu schliessen. Die Religionsgemeinschaft komme in dem Buch von F. gar nicht vor.

F. hatte vor etwa eineinhalb Wochen während eines Gottesdiensts in einer Hamburger Gemeinde der Zeugen Jehovas sieben Menschen erschossen. Danach tötete er sich selbst.

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Polizisten stehen vor dem Gebäude der Zeugen Jehovas im Stadtteil Alsterdorf. Bei Schüssen in einer Veranstaltung der Zeugen Jehovas sind am Donnerstagabend mehrere Menschen getötet und einige Personen verletzt worden. Foto: Christian Charisius/dpa - sda - Keystone/dpa/Christian Charisius

Er hatte laut den Ermittlern bis vor eineinhalb Jahren selbst zu der Gemeinde gehört, verliess diese aber aus unklaren Gründen. Neun Menschen wurden bei der Tat verletzt.

Im Dezember hatte F. im Selbstverlag ein rund 300-seitiges Buch mit dem Titel «Die Wahrheit über Gott, Jesus Christus und Satan» veröffentlicht. In diesem breitete er laut Medienberichten apokalyptische Ansichten und quasi-religiöse wirre Thesen aus. Wegen dieses Buchs stehen auch die Hamburger Behörden unter Druck.

Legale Waffe für Tat benutzt

F. war Sportschütze und besass die Tatwaffe legal. Vor der Tat war bei der Waffenbehörde ein anonymer Hinweis eingegangen, demzufolge F. an Verfolgungswahn und einer nicht diagnostizierten mutmasslichen Schizophrenie leide könnte.

Eine Internetsuche von Beamten führte laut Behörden aber nicht zu dem über eine Verkaufsplattform vertriebenen Buch. Bei einer waffenrechtlichen Zuverlässigkeitskontrolle in F.s Wohnung wurden keine grösseren Verstösse festgestellt.

Zeugen Jehovas
Blumen und Kerzen vor dem Eingangsbereich eines Gemeindehauses der Zeugen Jehovas. Nach der Amoktat in den Räumen der Zeugen Jehovas in Hamburg dauern die Ermittlungen weiter an. - Christian Charisius/dpa

Neumann zufolge macht die Untersuchung des Buchs deutlich, dass F. Wut auf christliche Religionsgemeinschaften empfunden habe, weil sie Gläubigen seiner Meinung nach «die Wahrheit» vorenthielten. Rückschlüsse auf rechtsextreme Gesinnungen oder frauenfeindliche Motive liessen sich dagegen nicht ziehen. Dies schrieb der in London lehrende Experte für Terrorismus und Extremismus in seinem elfseitigen Gutachten für die Polizei.

Verbrechen als Amoklauf eingestuft

Die Ermittler stufen das Verbrechen vom 9. März als Amoklauf ein, wobei das Motiv nach ihren Angaben bislang nicht abschliessend geklärt ist. Sie halten nach früheren eigenen Angaben ein Verbrechen aus «Hass» gegen die Zeugen Jehovas für möglich. Es wird aber auch in andere Richtungen ermittelt.

Unklar ist zudem, ob F. psychisch krank gewesen sein könnte. Entsprechende Hinweise gab es in dem anonymen Hinweis, es gab aber keine offizielle ärztliche Diagnose.

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