Haftstrafen gegen Journalistinnen in Belarus verhängt
Sie sollen mit ihren Berichten über die Proteste in Belarus die «öffentliche Ordnung» verletzt haben: Ein Gericht in Minsk hat zwei Journalistinnen zu zwei Jahren Haft verurteilt.
Das Wichtigste in Kürze
- Weil sie über Proteste in Belarus (Weissrussland) gegen den Machthaber Alexander Lukaschenko berichtet haben, sind zwei Journalistinnen zu zwei Jahren Haft verurteilt worden.
Ein Gericht in der Hauptstadt Minsk befand die beiden Frauen des oppositionellen Fernsehkanals Belsat für schuldig, die «öffentliche Ordnung» verletzt zu haben, wie der Journalistenverband des Landes im Nachrichtenkanal Telegram berichtete. Die 27-jährige Reporterin Katerina Bachwalowa und ihre 23-jährige Kollegin Daria Tschulzowa müssen demnach in ein Straflager. Die beiden Frauen umarmten sich nach der Entscheidung.
Die zwei Journalistinnen waren Mitte November festgenommen worden. Sie berichteten über Proteste nach dem Tod des Aktivisten Roman Bondarenko. Die Polizei nahm dabei Dutzende Menschen fest - auch das filmten die Reporterinnen. Den Aktivisten bezeichnete die Demokratiebewegung in Belarus als «Helden».
Der Mann soll im November in Minsk überfallen worden sein und so schwere Verletzungen erlitten haben, dass er daran starb. Danach kursierten Aufnahmen abgehörter Telefonate von Funktionären, die auf eine Verwicklung staatlicher Strukturen in den Fall hindeuten könnten. Lange weigerten sich die Behörden, Ermittlungen aufzunehmen. Nun habe die Staatsanwaltschaft ein Strafverfahren eingeleitet, berichtete das unabhängige Portal tut.by am Donnerstag.
Seit der weithin als gefälscht geltenden Präsidentenwahl am 9. August steckt Belarus in einer innenpolitischen Krise. Die Abstimmung löste Massenproteste aus, an denen sich zu Spitzenzeiten Hunderttausende Menschen beteiligten. Sicherheitskräfte gingen oft gewaltsam gegen die Menschen vor. Es gab mehr als 30 000 Festnahmen. Hunderte Menschen wurden verletzt, mehrere getötet. Zuletzt gab es noch kleinere Proteste, zumeist in Wohnvierteln in Minsk.
Lukaschenko hatte sich bei der Wahl nach 26 Jahren an der Macht mit 80,1 Prozent der Stimmen für eine sechste Amtszeit bestätigen lassen. Die EU erkennt ihn nicht mehr als Präsidenten an. Die Demokratiebewegung sieht die Bürgerrechtlerin Swetlana Tichanowskaja als Siegerin der Wahl. Die autoritäre Führung ging zuletzt verstärkt gegen Journalisten und Menschenrechtler vor.
Die Organisation Reporter ohne Grenzen sprach mit Blick auf die gegen die zwei Reporterinnen verhängte Haft von einem «Willkür-Urteil». «Es hat ganz klar das Ziel, Journalistinnen und Journalisten durch Abschreckung mundtot zu machen», hiess es. Die Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses im Bundestag, Gyde Jensen (FDP), sagte, Lukaschenko schlage nun ein neues Kapitel der Verfolgung der Zivilgesellschaft in Belarus auf.