Kritik und Optimismus bei Vapiano-Hauptversammlung
Das Wichtigste in Kürze
- Die Führungsspitze der angeschlagenen Restaurantkette Vapiano hat scharfe Kritik von Aktionären einstecken müssen.
Bei der Expansion habe das Unternehmen viel Geld «verbrannt» und sei nicht fähig gewesen, rechtzeitig die Reissleine zu ziehen, sagte Kleinaktionär Matthias Gäbler bei der Hauptversammlung in Köln. Andere Anteilseigner waren ebenfalls unzufrieden und bewerteten die Lage als «sehr kritisch».
Im vergangenen Jahr machte Vapiano 372 Millionen Euro Umsatz und musste dabei 101 Millionen Verlust hinnehmen. «In nur einem einzigen Jahr wurden 100 Millionen Euro in der Küche verdampft», sagte kopfschüttelnd ein Aktionär, der nicht namentlich genannt werden wollte.
Ein Grund für die schlechte Stimmung war auch der miserable Aktienkurs: Seit dem Börsengang vor zwei Jahren hat die Vapiano-Aktie mehr als 80 Prozent ihres Wertes eingebüsst.
Der Aktionärstreff in einem Kölner Hotel unweit der Firmenzentrale war planmässig der letzte grosse Auftritt von Vapiano-Chef Cornelius Everke. Der hatte am Sonntag überraschend seinen Rücktritt zum Monatsende verkündet, obwohl sein Vertrag noch bis Sommer 2021 lief. Everke ist seit Mai 2018 im Vorstand und hat im Dezember den Vorsitz übernommen. Er arbeitete ein Sanierungsprogramm aus, das die Expansion abbremsen soll - seit Jahresbeginn wurden fünf Restaurants zugemacht und nur noch acht neue eröffnet. Damit stieg die Gesamtzahl der Lokale weltweit auf 234, etwa ein Drittel davon in Deutschland.
Everke stellte bei der Versammlung seine bereits bekannte Strategie vor: Neben ihrer veränderten Expansion will Vapiano Arbeitsabläufe verbessern und die Menükarte abspecken. Der scheidende Vorstandschef bekräftigte nach Angaben von Teilnehmern das Ziel, 2021 wieder Gewinne zu schreiben. Aktionäre äusserten ihren Unmut, dass ausgerechnet Everke den Weg in die Zukunft aufzeige, an der er selbst nicht mehr teilhaben wolle. Pressevertreter waren bei der Hauptversammlung nicht zugelassen.
Trotz der angespannten Situation äusserten Anleger auch zaghafte Hoffnung. Er sei durchaus optimistisch, dass die Strategie zu einer Verbesserung der Lage führen werde, sagte Thomas Hechtfischer von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). Gäbler betonte: «Das italienische Essen ist nach wie vor in Mode.» Und Kleinaktionär Klaus Teitscheid ergänzte: «Vielleicht wird das hier irgendwann doch noch eine grosse Sache.»
Mit von der Partie war auch Vanessa Hall, die Aufsichtsratsvorsitzende von Vapiano. Die 52-jährige Britin soll vorerst die Nachfolgerin von Everke werden. Aktionär Gäbler konnte mit dieser Personalie wenig anfangen. Bei der missratenen Expansion mit vielen Verlustbringern im Restaurantnetz habe Hall als Chefkontrolleurin zu lange tatenlos zugesehen. «Da hat sie versagt.»
Unterdessen wurde bekannt, dass die Kölner Firma neben Everke einen weiteren Top-Manager verliert. Der bisherige Vapiano-Deutschlandchef Martin Heuer startet im September im Vorstand von Block House, wie die Hamburger Restaurantkette auf Anfrage mitteilte. Zuvor hatte die Fachzeitschrift «Foodservice» darüber berichtet.
Vor allem einige Standorte im Ausland laufen schlecht. Experten pochen auf eine zügige Sanierung. «Es gilt nun, schnell nichtprofitable Restaurants zu schliessen», sagt Boris Tomic, Chefredakteur von «Foodservice». Das sei besonders wichtig in schlecht laufenden Märkten wie Australien oder USA. Vapiano sollte sich auf Deutschland, Frankreich und Österreich konzentrieren.
Ihr US-Geschäft wollte Vapiano bereits loswerden, Anfang des Jahres wurde ein Kaufvertrag im Volumen von 20 Millionen US-Dollar mit einem kalifornischen Dienstleister unterzeichnet. Der aber zahlte nicht, daher muss sich Vapiano nun einen neuen Käufer suchen. Diese, in der vergangenen Woche bekanntgewordene Hiobsnachricht führte dazu, dass sich die Situation weiter verschärft hat. Nur zwei Tage später gab Everke seinen Rücktritt bekannt - aus «persönlichen Gründen». Das sei ein «extrem schlechter Zeitpunkt», warfen ihm Anteilseigner vor.
Einer der Grossaktionäre sah es ähnlich. Hans-Joachim Sander, der mit seiner Frau und Wella-Erbin Gisa Sander mehr als 15 Prozent am Stammkapital hält, sagte «Spiegel Online», er habe wenig Verständnis für Everkes Entscheidung - er erwarte «Standfestigkeit» von einem Firmenchef. Dessen designierte Nachfolgerin Hall bewertete der Grossaktionär hingegen positiv als «exzellente Managerin».