Homosexuellen Gambier weggewiesen – Schweiz verletzt EMRK
Die Schweiz hat die EMRK verletzt, weil sie ungenügend abgeklärt hat, ob ein Gambier bei einer Wegweisungwegen seiner Homosexualität gefährdet wäre.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Schweiz hat gegen Artikel 3 der EMRK verstossen.
- Sie hat bei ungenügender Abklärung einen homosexueller Gambier verwiesen.
- Damit hat der EGMR die Ansicht des Schweizer Bundesgerichts verworfen.
Die Schweiz hat ungenügend abgeklärt, ob ein Gambier bei einer Wegweisung in sein Heimatland wegen seiner Homosexualität gefährdet wäre. Damit hat die Schweiz gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstossen. Dies hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) entschieden.
Nachdem der Gambier und sein Schweizer Lebenspartner ihre Partnerschaft 2014 hatten eintragen lassen, stellte der Schweizer ein Gesuch um Familiennachzug. Dies wurde abgelehnt. Der Gambier war in der Schweiz straffällig geworden und weilte nach drei abgelehnten Asylgesuchen illegal in der Schweiz.
Der EGMR hält fest, dass allein die Rückweisung in ein Land, in dem Homosexualität verboten ist, keine Konventionsverletzung darstelle.
Gegen Artikel 3 der EMRK verstossen
Allerdings habe die Schweiz im konkreten Fall nicht ausreichend abgeklärt, ob für den Betroffenen die Gefahr unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung in Gambia bestehe. Weiter sei nicht geklärt worden, ob die Behörden gegen eine solche Behandlung durch nicht staatliche Akteure vorgehen würden.
Die Schweiz habe damit gegen das Folterverbot in Artikel 3 der EMRK verstossen. Die Bestimmung verbietet, dass jemand gefoltert wird oder erniedrigende oder unmenschliche Strafe oder Behandlung erdulden muss.
Der Gerichtshof beruft sich in seinem Entscheid auf Informationen des britischen Innenministeriums und weitere Quellen. Diese besagen, dass die Behörden in Gambia Homosexuelle nicht vor Übergriffen durch Dritte schützen.
Es verwirft damit die Ansicht des Schweizer Bundesgerichts. Dieses war in seinem Urteil vom Juli 2018 zum Schluss gelangt, dass sich die Situation für Homosexuelle mit dem Machtwechsel im Jahr 2016 verbessert habe. (Entscheide 889/19 und 43987/16)