Hunderte Migranten verlassen Belarus
Die Lage um die nach Deutschland und in andere EU-Staaten strebenden Migranten in Belarus bleibt angespannt. Viele Menschen versuchen die Grenze zu überqueren.
Das Wichtigste in Kürze
- Immer mehr Menschen versuchen die Grenzen von Belarus zu überqueren.
- Derweil vermeldet eine Hilfsorganisation einen Todesfall.
- Seit Wochen versuchen Migrantinnen und Migranten nach Polen zu gelangen.
Die Lage um die nach Deutschland und in andere EU-Staaten strebenden Migranten in Belarus bleibt angespannt. Viele Menschen aus dem Irak und aus Syrien versuchten auch am Wochenende, die Grenzen nach Polen und in die EU zu überqueren, wurden aber in den meisten Fällen aufgegriffen und wieder nach Belarus zurückgeschickt.
Hunderte Iraker nutzten am Wochenende freiwillig die Rückführungsflüge der irakischen Fluggesellschaft Iraqi Airways, um vom belarussischen Flughafen Minsk nach Erbil zu fliegen. Auch an diesem Montag sind wieder zwei solcher Flüge geplant.
Lukaschenko liess Menschen einfliegen
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen dankte dem Irak am Sonntag für das Handeln in Krise in Belarus und die Heimflüge. Belarussischen Behörden zufolge gab es bisher fünf solcher Flüge – für etwa 1900 Menschen insgesamt.
Von der Leyen und Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg sicherten Polen, Litauen und Lettland «volle Solidarität» zu. Stoltenberg sagte nach einem Treffen mit Staatschef Gitanas Nauseda in der litauischen Hauptstadt Vilnius: «Kein Nato-Verbündeter ist auf sich allein gestellt.»
Seit Wochen versuchen Tausende Migranten und Flüchtlinge, von Belarus über die EU-Aussengrenzen nach Polen oder in die baltischen Staaten zu gelangen. Die EU wirft dem autoritären belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko vor, gezielt Menschen aus Krisenregionen nach Minsk einfliegen zu lassen, um sie dann in die EU zu schleusen und so die Lage im Westen zu destabilisieren. Die EU-Staaten hatten Stacheldrahtzäune errichtet, um die Migranten aufzuhalten.
«Und wir schützen Europa vor einer weiteren Migrationskrise», sagte der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki in Berlin der Deutschen Presse-Agentur. «Wir haben 15 '000 Grenzschützer und Frontex hat bis zu 1200 Grenz- und Küstenschützer für alle Aussengrenzen der Europäischen Union. Ausser den Grenzschützern haben wir auch noch 15'000 Soldaten.»
Deutsche wollen Migrantinnen aufnehmen
Trotzdem gelingt einzelnen Gruppen immer wieder der Grenzübertritt. Ihr Schwager Khabat sei schon mehrfach auf polnischem Gebiet gewesen und wieder zurückgebracht worden, sagte die Deutsche Adriane Khudur der dpa am Sonntag. Sie habe Angst um den Bruder ihres Mannes. «Die belarussischen Sicherheitskräfte verhindern, dass Khabat in die Notunterkunft oder nach Minsk zurückkehrt. Sie bestehen darauf, dass die Gruppe trotz der Gefahr die Grenze zu Polen übertritt», sagte die 29-Jährige aus Bonn.
In einer Notunterkunft in einem Logistikzentrum in Brusgi an der polnischen Grenze harren weiter viele Menschen aus, die nach Angaben von Behörden zunehmend medizinische Hilfe brauchen. Sie streben vor allem nach Deutschland. Einige sprechen Deutsch und haben Angehörige in der Bundesrepublik. Die Deutschen sind allerdings in ihrem Blick auf die Migranten und Flüchtlinge in Belarus gespalten.
In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov sprachen sich 45 Prozent der Befragten dagegen aus, einen Teil von ihnen nach Deutschland einreisen zu lassen, um dann hierzulande zu prüfen, ob sie schutzberechtigt sind. Lediglich neun Prozent der Teilnehmer der repräsentativen Umfrage im Auftrag der dpa sprachen sich für Asylverfahren für diese Menschen in Deutschland aus.
Mehr als zehn Todesfälle
Der Grenzschutz in Belarus meldete indes den Fund eines toten mutmasslichen Migranten an einem Übergang zu Litauen. Der etwa 30 Jahre alte Mann sei auf belarussischer Seite in einem Schlafsack ohne Lebenszeichen gefunden worden. Das Grenzschutzkomitee in Minsk warf den litauischen Behörden vor, sie hätten den Mann an der Grenze abgelegt.
Der Körper weise Spuren von Schlägen auf. Es sei eine gerichtsmedizinische Untersuchung angeordnet worden. Von unabhängiger Seite überprüfen lassen sich diese Angaben nicht. Das Internationale Rote Kreuz spricht von mehr als zehn Toten bisher.