Immer weniger Fische in zu sauberem Bodensee

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Deutschland,

Für Laien klingt es bizarr: Weil der Bodensee so sauber geworden ist, gibt es immer weniger Fische. Muss der See jetzt wieder schmutziger werden?

Eine Berufsfischerin hält auf dem Bodensee ein Felchen in der Hand.
Eine Berufsfischerin hält auf dem Bodensee ein Felchen in der Hand. - dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • Der Hauptgrund für weniger Fische im Bodensee ist der Rückgang des Phosphatgehalts.
  • Auch die Erwärmung des Wassers spielt nach Meinung von Experten eine Rolle.

Für Elke Dilger vom Verband badischer Berufsfischer am Bodensee ist der Fall klar. «Von der Fischerei kann bei uns niemand mehr leben», klagt sie. «Jeder Fischer hat sich mittlerweile einen Nebenberuf suchen müssen. » Gerade mal 100 Männer und Frauen – etwa die Hälfte sind Deutsche – werfen noch heute ihre Netze aus. Noch vor vier Jahren seien es immerhin 113 gewesen.

Auch die Fangraten sprechen eine klare Sprache. «Noch vor wenigen Jahren haben die Fischer durchschnittlich acht Tonnen Fisch im Jahr angelandet und ein wirtschaftliches Auskommen war möglich», so ein Sprecher des Stuttgarter Landwirtschaftsministeriums. «Heute fängt ein Fischer pro Jahr nur noch etwas mehr als drei Tonnen. Mit dieser Fangmenge ist langfristig keine Wirtschaftlichkeit gewährleistet.» Dramatisch sei die Lage bei den Felchen, dem «Brotfisch» des Sees: Im vergangenen Jahr zogen die Berufsfischer am Obersee lediglich 195 Tonnen an Land.

Rückgang des Phosphatgehalts

Als ein Hauptgrund gilt der Rückgang des Phosphatgehalts, auch die Erwärmung des Wassers spielt nach Meinung von Experten eine Rolle. Für die Felchen gebe es weitere Gefahren: Die Ausbreitung der Stichlinge, für sie direkte Nahrungskonkurrenten, sowie Kormorane, die tonnenweise Felchen aus dem See rauben.

Seit Jahren setzt sich der Fischerverband dafür ein, den Phosphatgehalt im See wieder zu erhöhen, von derzeit sechs Milligramm pro Kubikliter auf acht oder zehn Milligramm. So solle es mehr Nährstoffe geben, damit Algen besser wachsen könnten und Fische wieder mehr Nahrung hätten. Die Folgen: Die Verschmutzung des Sees, in dem man nach langen Jahren wieder unbesorgt schwimmen kann, könnte zunehmen. Doch mit ihren Vorstellungen rennt Frau Dilger nach eigenen Worten bei den Verantwortlichen in den Stuttgarter Ministerien gegen die Wand.

Fischer sind skeptisch

Doch die Chancen auf Erfolg stehen nicht gut. Die Bodenseefischer winken bereits ab. Sie fürchten eine Verunreinigung durch Kot und Fischfutter. Schliesslich sei der See ein riesiges Trinkwasserreservoir. Und, so Dilger: «Wir Berufsfischer wollen auch weiterhin Wildfisch fangen. Die Blaufelchen sind unser Alleinstellungsmerkmal.» Auch der Internationale Bodensee-Fischereiverband ist skeptisch. Es gebe viele Risiken wie die Gefahr von Krankheiten, meint Sprecherin Anita Koops. «Noch sind zu viele Fragen ungeklärt.»

Zwar hat sich Landwirtschaftsminister Peter Hauk schon vor zwei Jahren positiv zum Thema Aquakulturen geäussert. Dagegen signalisiert das von den Grünen geführte Stuttgarter Umweltministerium eher Ablehnung. «Wir sehe dies allgemein sehr kritisch», meint Sprecher Frank Lohro. So viele Fische auf engem Raum würden zu Verunreinigungen führen, zumindest in der Nähe der Netze wären «voraussichtlich erhebliche Auswirkungen zu erwarten». Immerhin liefere der See für Millionen Baden-Württemberger Trinkwasser.

Doch Kessler will es wenigstens auf einen Versuch ankommen lassen. Dazu sollten zunächst lediglich zwei Netzen installiert werden; das Experiment solle unter staatlicher Aufsicht geschehen. Dann könne man ja alle vermeintlichen Negativfolgen beurteilen. «Man sollte es doch auf alle Fälle ausprobieren», appelliert Kessler. «Wenn es nicht funktioniert, brechen wir ab.»

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