Flugzeugabsturz in Litauen: DHL-Piloten meldeten «keine Probleme»
In der litauischen Hauptstadt Vilnius ist es zu einem Flugzeugabsturz gekommen. Eine DHL-Maschine stürzte neben ein Wohnhaus, mindestens eine Person ist tot.
Das Wichtigste in Kürze
- In der litauischen Hauptstadt Vilnius ist es zu einem Flugzeugabsturz gekommen.
- Eine Frachtmaschine von DHL stürzte neben ein Wohnhaus. Der spanische Pilot ist tot.
- Das Flugzeug war in Leipzig, Deutschland, gestartet.
Ein DHL-Flugzeug, welches in Leipzig gestartet war, ist am frühen Morgen in der litauischen Hauptstadt Vilnius auf ein Wohnhaus gestürzt. Dabei sei mindestens eine Person – der spanische Pilot des Unglücks-Flugzeugs – ums Leben gekommen. Das berichtet das litauische Nachrichtenportal «15min.lt».
Drei weitere Personen seien beim Flugzeugabsturz verletzt worden, zitierte die Nachrichtenagentur BNS eine Sprecherin des Rettungsdienstes. Darunter ein weiterer Spanier, ein Deutscher und ein Litauer. Zahlreiche Einsatzkräfte seien vor Ort im Einsatz. Der Verkehr am Unfallort sei eingeschränkt.
Nach vorläufigen Daten des Rettungsdienstes seien die Einsatzkräfte um 05.28 Uhr Ortszeit informiert worden, dass ein Frachtflugzeug auf ein Gebäude gestürzt sei. Dabei soll es sich um zweistöckiges Wohnhaus handeln, das in Flammen stehe.
Ersten Angaben zufolge befanden sich vier Personen in dem Flugzeug. Eine Person davon sei tot, drei weitere seien verletzt ins Krankenhaus gebracht worden. Es werde untersucht, ob die Ursache des Absturzes mit «technischen Problemen» zusammenhänge. Das sagte der Leiter des Nationalen Krisenmanagementzentrums im litauischen Rundfunk.
Ein Aviatik-Experte sagte gegenüber dem litauischen Rundfunk, er habe die Audiomitschnitte vor dem Absturz ausgewertet. Die Piloten der DHL-Maschine hätten «keine Gefahr und keine Probleme» vermeldet.
«Ohne auf Details einzugehen, kann man sagen, dass es eine routinemässige Kommunikation, ein einfacher Sinkflug war», so der Experte weiter.
Bei dem abgestürzten Frachtflugzeug handelte es sich um eine Maschine der spanischen Fluggesellschaft Swift Air, wie DHL mitteilte. Swift Air sei unter Vertrag für DHL tätig. Etwa einen Kilometer vor dem Flughafen von Vilnius habe die Besatzung eine Notlandung einleiten müssen. Der «Status» der Besatzung werde noch geklärt, erklärte DHL – «aber unsere Gedanken sind bei ihnen und ihren Angehörigen».
Nach Angaben der Vertriebs- und Marketingleiterin von DHL Litauen handelte es bei dem Flugzeug um eine Boeing 737. Transportiert habe die Maschine Pakete für Kunden, sagte sie der Nachrichtenagentur BNS. Auf Bildern von der Unfallstelle waren vereinzelt Pakete und kaputte Kartons zu sehen. Das Flugzeug sei völlig zerstört, sagte eine Sprecherin des litauischen Rettungsdienstes der Nachrichtenagentur Elta.
Flugzeug stürzte neben Wohngebäude
Ihm zufolge stürzte das Frachtflugzeug neben ein Wohngebäude. Bürgermeister Valdas Benkunskas sagte, die Maschine habe das Wohnhaus «durch Zufall» verfehlt und sei in den Hof gestürzt.
Nach dem Vorfall brach ein Feuer aus, zwölf Bewohner wurden aus dem Haus evakuiert. Viele Teile des Flugzeugs seien herumgeschleudert worden, berichtete ein Journalist des litauischen Rundfunks vom Unfallort im Stadtteil Liepkalnis. Das Gebiet ist seinen Angaben zufolge nicht dicht besiedelt – es gibt nur einzelne Häuser.
Der Chef der litauischen DHL-Tochtergesellschaft bestätigte dem litauischen Rundfunk, dass das Flugzeug einem Auftragnehmer des Unternehmens gehöre. Die Ursache für den Flugzeugabsturz sei derzeit noch unklar.
«Alles rot und voller Funken»
Eine Frau, die in der Nähe der Absturzstelle wohnt, berichtete im litauischen Rundfunk, dass ein Geräusch sie geweckt habe: «Ich habe im Schlaf ein Geräusch gehört, ich schaue aus dem Fenster – alles war rot und voller Funken». Sie sei sofort losgerannt, um zu sehen, ob jemand Hilfe brauche. Sie stehe unter Schock: «Schrecklich, schrecklich» sei das Ganze.
Ein Nachbar erzählte, dass er am frühen Morgen einen Lichtblitz im Hof gesehen habe: «Es gab einen Blitz. Den Flugzeugabsturz selbst habe ich nicht gesehen, aber der Blitz war sehr hell.»
«Er erleuchtete den ganzen Hof, und er war etwa einen Kilometer von mir entfernt. Und dann erschien das Feuer und es gab eine Menge Rauch», so der Nachbar weiter.
Ursachenforschung im Gange
Die Suche nach der Ursache für den Flugzeugabsturz wird nach Angaben des litauischen Polizeichefs einige Zeit in Anspruch nehmen. Die Besichtigung des Tatorts, die Beweisaufnahme und die Sammlung von Informationen und Objekten könne eine ganze Woche dauern. «Diese Antworten werden nicht so schnell kommen», sagte Arunas Paulauskas am Morgen auf einer Pressekonferenz.
Das Flugzeug habe versucht zu landen und die Landebahn nicht erreicht, schilderte Paulauskas. Der Flugzeugabsturz sei «höchstwahrscheinlich auf einen technischen Fehler oder ein menschliches Versagen zurückzuführen».
Zugleich sagte er auf die Frage zu einem Terroranschlag, dass ein solches Szenario nicht auszuschliessen sei. «Dies ist eine der Versionen des Absturzes, die untersucht und überprüft werden müssen. Es liegt noch viel Arbeit vor uns.»
Terrorismus kann nicht ausgeschlossen werden
Der Chef des litauischen Nachrichtendiensts, Darius Jauniskis, sagte nach Angaben litauischer Medien: «Zum jetzigen Zeitpunkt ist es nach unserem Kenntnisstand wahrscheinlich zu früh, um den Flugzeugabsturz mit irgendetwas in Verbindung zu bringen.» Dazu lägen keine vorläufigen Informationen vor.
Auch er sagte, die Möglichkeit von Terrorismus könne aber nicht ausgeschlossen werden. Jauniskis versicherte ausserdem, dass man auch mit ausländischen Partnern zusammenarbeite.
Flugzeugabsturz: Deutsche Sicherheitsbehörden warnten
Ende August war bekannt geworden, dass deutsche Sicherheitsbehörden vor «unkonventionellen Brandsätzen» warnen. Diese würden von Unbekannten über Frachtdienstleister verschickt werden.
Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) und das Bundeskriminalamt (BKA) verschickten einen entsprechenden Warnhinweis an Unternehmen aus der Luftfahrt- und Logistikbranche.
Die Warnmeldung wurde in Sicherheitskreisen unter anderem mit einem Vorfall im DHL-Logistikzentrum Leipzig in Verbindung gebracht. Dieses fungiert als das weltweite Drehkreuz des Unternehmens. Dort soll im Juli ein aus dem Baltikum verschicktes Paket Feuer gefangen haben, das einen Brandsatz enthielt.
In der Warnmeldung von BfV und BKA kam das Wort Russland nicht vor. Dennoch wird in Sicherheitskreisen ein Zusammenhang mit den zunehmenden Fällen russischer Sabotage in Deutschland nicht ausgeschlossen.