Bundesländer wollen jüdische Einrichtungen besser schützen

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Deutschland,

«Ihr könnt uns nicht schützen», dieser Zuruf eines Bürgers nach dem Terroranschlag in Halle habe ihn betroffen gemacht, sagt Seehofer. Ihm sei es wichtig, dass auf die vielen Worte jetzt Taten folgten.

Synagoge
Die Tür der Synagoge in Halle zeugt von den Schüssen des rechtsextremen Attentäters. Nun soll die Synagoge eine neue Eingangstür erhalten. Foto: Jan Woitas/zb/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Mit Polizeischutz, einer Meldepflicht für strafbare Hasspostings und einer weiteren Verschärfung des Waffenrechts ziehen Bund und Länder erste Konsequenzen aus dem Terroranschlag in Halle.

«Der polizeilichen Präsenz vor den Synagogen kommt eine besondere Bedeutung zu», heisst es in einer Abschlusserklärung der Innenminister, die am Freitag in Berlin zu einer Sonderkonferenz zusammengekommen waren. Umgesetzt werde dies auch im «regelmässigen Kontakt der Sicherheitsbehörden mit den jüdischen Gemeinden». Dabei werde den besonderen Umständen vor Ort «durch die Polizeidienststellen je nach Gefährdungslage Rechnung getragen».

Ausserdem will man technische und bauliche Massnahmen zur Sicherung von Synagogen unterstützen. Die Länder seien sich einig, dass die baulichen Massnahmen und die Sicherheitsstandards der Gebäude bei den jüdischen Einrichtungen überprüft werden, sagte der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius (SPD). Das liege in der Hoheit der Länder und «das läuft aber schon», fügte er hinzu.

In der vergangenen Woche hatte ein 27-jähriger Deutscher in Halle vergeblich versucht, sich mit illegal beschafften Waffen Zutritt zu einer Synagoge zu verschaffen. Mehr als 50 Menschen hielten sich in dem Gebäude auf, um den Feiertag Jom Kippur zu begehen. Polizisten waren nicht vor der Tür. Der Attentäter tötete eine Passantin und einen Mann in einem Döner-Imbiss. Er sitzt in Untersuchungshaft. Der Täter gab in seinem Geständnis rechtsextremistische sowie antisemitische Motive an.

Vor dem Attentat hatte das Bundeskriminalamt (BKA) die Gefährdung für jüdische Einrichtungen durch Rechtsextremisten ähnlich hoch eingeschätzt wie die Bedrohung durch radikale Islamisten. Nach dpa-Informationen heisst es in einer BKA-Einschätzung zum Rechtsextremismus aus dem Juni 2018, die Bedrohungslage sei «vergleichbar» mit der durch den islamistischen Terrorismus.

Die Minister und Senatoren erklärten zudem ihre Unterstützung für eine von der Bundesregierung geplante weitere Verschärfung des Waffenrechts. Danach solle künftig vor jeder Erteilung einer Waffenerlaubnis immer erst mit einer Datenabfrage beim Verfassungsschutz geprüft werden, ob der Antragsteller dort als Extremist bekannt ist. Ist das der Fall, erhält er keine Waffenbesitzkarte. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) betonte, dass «Waffen in den Händen der Extremisten nichts zu suchen haben». Die Sicherheitsbehörden des Bundes stehen der Idee positiv gegenüber.

Der Bundestag hatte sich am Donnerstagabend in erster Lesung mit einem Gesetzentwurf der Bundesregierung befasst. Vorgesehen ist darin unter anderem ein Ausbau des nationalen Waffenregisters, um die Rückverfolgbarkeit sämtlicher Schusswaffen zu erleichtern. Die neue Regelabfrage soll in diesen Entwurf jetzt noch eingefügt werden.

Der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Oliver Malchow, begrüsste das Massnahmenpaket. Er sagte: «Es darf einfach nicht sein, dass sich Juden im Jahr 2019 in unserem Land nicht sicher fühlen.» Die Synagoge in Halle war zur Tatzeit nicht von der Polizei bewacht worden. Der Innenminister von Sachsen-Anhalt, Holger Stahlknecht (CDU), hatte nach dem Attentat erklärt, die von der Landespolizei gewählte Massnahme - gelegentliche Streifengänge vor der Synagoge - habe der Gefährdungsbewertung des BKA entsprochen.

Für die Gefährdungslagebilder ist das BKA zuständig. Die Einteilung in Gefährdungsstufen für Personen oder Objekte ist aber Sache der Länder. Auf Grundlage dieser Einstufung trifft dann die Polizei im Land die Entscheidung welche Schutzmassnahmen angemessen sind.

Der Austausch der Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern zu rechtsextremistischen Umtrieben soll zudem künftig genauso intensiv betrieben werden wie heute schon beim gewaltbereiten Islamismus.

Seehofer kündigte an, Anbieter von Online-Plattformen sollten Morddrohungen und andere strafbare Inhalte künftig den Behörden melden müssen. Ausserdem sollten nach Auffassung der Innenminister auch Anbieter von Online-Spieleplattformen dazu verpflichtet werden, strafbare Inhalte innerhalb von 24 Stunden zu prüfen und gegebenenfalls zu löschen.

Spiele-Anbieter sind dazu nach dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz bislang nicht verpflichtet. Um zu verhindern, dass Kinder und Jugendliche «teilweise unkontrolliert mit extremistischen und gewaltverherrlichenden Weltbildern konfrontiert» werden, müsse es bei Online-Spielen, die für Jugendliche ab 16 oder nur für Erwachsene gedacht sind, eine verlässliche Identitätsprüfung für Nutzer geben.

Ausserdem wollen die Minister gesetzlich dafür sorgen, dass die Server von Plattform-Anbietern wie Facebook auch in der EU stehen. Das soll den Zugriff der Behörden auf die Server erleichtern.

Die Innenminister der Länder unterstützten das Gesetzesvorhaben. «Für Plattformen wie Twitch und andere müssen die gleichen Regeln gelten wie für die grossen bekannten Plattformen», forderte Pistorius. Über die Onlineplattform Twitch hatte der Attentäter von Halle ein selbst gedrehtes Video seiner Tat verbreitet.

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