Mehr als 30 Tote nach weiterer Eskalation der Gewalt im Irak

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Irak,

Trauer und Wut im Süden des Irak: In der Stadt Nassirija erschossen die Sicherheitskräfte am Donnerstag mindestens 25 Demonstranten, die zwei Brücken blockiert hatten.

Demonstrationen
Mit dem Rücktritt von Adil Abd Al-Mahdi wird einer Zentralen Forderung der Demonstrationen Folge geleitet. - AFP

Das Wichtigste in Kürze

  • Sicherheitskräfte gehen gewaltsam gegen Demonstranten vor.

Mehr als 200 weitere Demonstranten wurden verletzt, wie Rettungskräfte und Polizeivertreter mitteilten. Ministerpräsident Adel Abdel Mahdi setzte daraufhin den örtlichen Militärkommandeur Dschamil al-Schummari ab. In Nadschaf wurden vier Menschen getötet, in der Hauptstadt Bagdad starben zwei Demonstranten.

Abdel Mahdi hatte den General erst kurz zuvor beauftragt, in Nassirija «die Ordnung wiederherzustellen». Wie die Militärführung am Morgen mitteilte, entsandte der Regierungschef mehrere Militärkommandeure in die südlichen Provinzen, um dort den Gouverneuren zur Seite zu stehen und die Sicherheitskräfte zu «kontrollieren». In Nassirija eskalierte aber kurz nach der Entsendung von Schummari die Gewalt.

Am frühen Morgen gingen die Sicherheitskräfte unter Einsatz von scharfer Munition gegen die Blockade von zwei Brücken vor. Mindestens 25 Menschen wurden erschossen und über 200 verletzt. Die Demonstranten setzten daraufhin eine Polizeiwache in Brand. Wegen der Gewalt wurde in der Stadt am Euphrat, die schon oft Schauplatz von Protesten gegen die Regierung war, eine Ausgangssperre verhängt.

Angesichts der Gewalt forderte Provinzgouverneur Adel al-Dachili die Regierung auf, Schummari umgehend abzuziehen, und drohte andernfalls mit Rücktritt. Der General habe «versagt, die Sicherheit in der Provinz zu garantieren», erklärte der Gouverneur, bevor der General tatsächlich abberufen wurde. Er war der Militärkommandeur der südlichen Hafenstadt Basra, als dort 2018 Proteste gewaltsam niederschlagen wurden.

Trotz der Ausgangssperre in Nassirija nahmen am Nachmittag tausende Menschen an einem Trauerzug für die getöteten Demonstranten teil, wie ein AFP-Reporter berichtete. «Wir bleiben, bis das Regime fällt und unsere Forderungen erfüllt werden», skandierte die Menge. Kämpfer einer Stammesmiliz blockierten derweil eine Autobahn nach Bagdad, um zu verhindern, dass die Sicherheitskräfte Verstärkung schicken.

Die Eskalation der Gewalt in Nassirija erfolgte wenige Stunden, nachdem wütende Demonstranten in der Pilgerstadt Nadschaf das iranische Konsulat gestürmt und in Brand gesetzt hatten. «Sieg für den Irak» und «Iran raus», riefen die Demonstranten bei den nächtlichen Protesten, bevor eine Ausgangssperre verhängt wurde. Die Demonstranten empört, dass der Iran die Regierung stützt, gegen die sie seit Wochen auf die Strasse gehen.

Am Donnerstag wurden in Nadschaf unweit des Konsulats nach Angaben der irakischen Menschenrechtskommission vier Demonstranten getötet. Zwei weitere Menschen wurden demnach in der Hauptstadt Bagdad getötet.

Der iranische Aussenamtssprecher Abbas Musawi verurteilte den Angriff auf das Konsulat und forderte die Regierung in Bagdad auf, entschieden gegen die «Aggressoren» vorzugehen. Der Iran habe dem irakischen Botschafter in Teheran seine «Empörung» über den Angriff mitgeteilt, sagte Musawi. Schon in der Vergangenheit hatte sich die Wut der Iraker auf den mächtigen Nachbarn wiederholt in Angriffen auf seine Vertretungen entladen.

Die seit Anfang Oktober andauernden Demonstrationen in Bagdad und dem Süden des Landes sind die grössten Proteste seit dem Sturz von Machthaber Saddam Hussein durch die USA 2003. Nach Zählung der Nachrichtenagentur AFP wurden bei den Protesten schon mehr als 370 Menschen getötet und 15.000 verletzt. Die Behörden veröffentlichen schon seit Wochen keine aktuellen Opferzahlen mehr.

Die Demonstranten fordern eine komplett neue Regierung unter Ausschluss der etablierten Parteien, die sie pauschal für Korruption, Klientelismus und staatliche Misswirtschaft verantwortlich machen. Auch zwei Monate nach Beginn der Proteste haben Parlament und Regierung noch keine politischen Reformen auf den Weg gebracht. Ungeachtet des Unmuts der Iraker unterstützt der Iran weiterhin die Regierung von Abdel Mahdi.

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