Nach hundert Tagen der Initiative zum Stopp der Entwaldung bis 2030 verlangen Umweltschützende ein ausgebessertes und verpflichtendes Abkommen.
Die Staats- und Regierungschefs der Welt stellen sich während des Abendempfangs zur Eröffnung des UN-Klimagipfels COP26 für ein Gruppenfoto auf. Foto: Alberto Pezzali/AP pool/dpa
Die Staats- und Regierungschefs der Welt stellen sich während des Abendempfangs zur Eröffnung des UN-Klimagipfels COP26 für ein Gruppenfoto auf. Foto: Alberto Pezzali/AP pool/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Auf der Weltklimakonferenz vor 100 Tagen wurde das Ende der Entwaldung bis 2030 bestimmt.
  • Nun fordern Umweltschützende einen verpflichtenden Vertrag – und dessen Ausbesserung.
Ad

Vor hundert Tagen erfolgte die Initiative von gut 140 Staaten auf der Weltklimakonferenz zu einem Stopp der Entwaldung bis 2030. Nun fordern Umweltschützer, die Erklärung schnell mit einem verpflichtenden Vertrag abzusichern. Schon 2014 habe es eine ähnliche Vereinbarung gegeben, doch sei die Waldzerstörung weitergegangen. Dies sagte Susanne Winter, Wald-Expertin der Umweltorganisation WWF, der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.

«Der Erklärung von Glasgow droht nun ein ähnliches Schicksal. Daher muss sie zügig mit verbindlichen Abkommen abgesichert werden.» Zudem beklagte Winter, der Anfang November in Schottland veröffentlichte Text enthalte zu wenig konkrete Schritte: etwa dazu, wie die artenreichen Naturwälder, die auch besonders viel klimaschädliche Treibhausgase speichern, geschützt werden sollen.

420 Millionen Hektar Wald verloren seit 1990

Stattdessen liege der Fokus auf dem Waldwachstum, der aber auch schnellwachsende Holzplantagen umfasst. Diese Holzplantagen habe der WWF aber als viertstärksten Treiber der Waldzerstörung identifiziert. «Zudem sind sie für den Artenschutz häufig wertlos», resümierte die Expertin.

Seit 1990 sind nach UN-Angaben schon etwa 420 Millionen Hektar Wald verloren gegangen – das 1600-fache der Fläche des Saarlands. Zwei Drittel der Entwaldung spielt sich in den Tropen und Subtropen ab. Die grössten Netto-Verluste gab es die letzten zehn Jahren in: Brasilien, Demokratische Republik Kongo, Indonesien, Angola, Tansania sowie in Paraguay, Myanmar und Kambodscha.

klimaschutz
Brennender Regenwald in Brasilien - AFP/Archiv

Winter sagte, das Beispiel Brasilien zeige, wie dringend ein verbindlicher Pakt zum Entwaldungs-Stopp sei. Dort habe die Regierung gerade das Budget der Umweltbehörde zur Bekämpfung von Waldbränden massiv gekürzt. «Das steht im direkten Widerspruch zur Erklärung von Glasgow, die Brasilien ebenfalls unterzeichnet hat.»

Winter fordert Nachbesserungen

Der Gesetzesvorschlag der EU-Kommission soll optimiert werden – Importe von Waren, für deren Produktion Wälder zerstört wurden, sollen verboten werden. Der Entwurf zeige in die richtige Richtung, habe aber noch entscheidende Schwächen. «So sollen viele Ökosysteme wie Savannenwälder, Graslandschaften, Feucht- und Moorgebiete oder Mangroven zunächst nicht einbezogen werden. Dadurch würde ein grosser Teil der Naturzerstörung durch das Gesetz nicht gestoppt und in andere Gebiete verlagert», rügte sie.

Zudem seien viele wichtige Produkte bisher nicht erfasst – darunter zum Beispiel Kautschuk, Mais, zahlreiche Holzprodukte oder Stahl. Neben wirksamen Kontrollen sei es besonders wichtig, dass Verstösse zügig gerichtlich verfolgt werden können. Daran hapere es im Entwurf noch.

Keine Kontrollen und «läppische Strafen»

Dem Vorhaben drohe ein ähnliches Schicksal wie der Holzhandelsverordnung EUTR, sagte Winter. «Sie soll seit 2013 die Einfuhr illegaler Holzprodukte stoppen, scheitert jedoch kläglich daran. Es wird kaum kontrolliert und bei erwiesenen Verstössen meist nur läppische Strafen verhängt werden.»

klimaschutz
Illegale Rodungen im Nationalpark La Macarena - AFP/Archiv

Wälder sind nach einem UN-Bericht Lebensraum für 80 Prozent aller Amphibienarten, 75 Prozent aller Vogelarten und 68 Prozent aller Säugetierarten. Haupttreiber der Waldzerstörung ist die Produktion von Nahrungsmitteln, insbesondere grossflächige Ackerwirtschaft und Rinderhaltung.

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

RegierungGesetzWWFEU