Klitschko vor Kiew-Wiederwahl – Bald als Weihnachtsmann in Berlin?
Vitali Klitschko stellt sich am Sonntag zum zweiten Mal der Wahl als Bürgermeister in Kiew. Er kann sich Hoffnungen auf einen weiteren Wahlsieg machen.
Das Wichtigste in Kürze
- Vitali Klitschko steht vor der Wiederwahl als Bürgermeister von Kiew.
- Der 49-Jährige hegt Pläne, Präsident der Ukraine zu werden.
Eigentlich wollte sich Ex-Boxweltmeister Vitali Klitschko nicht mit berstenden Fernwärmerohren herumplagen. Oder mit ausufernden Staus. Oder mit maroden Brücken. All das gehört seit über sechs Jahren zu seinem Job als Bürgermeister der ukrainischen Hauptstadt Kiew. An diesem Sonntag stellt sich der 49-Jährige das zweite Mal der Wahl.
Der an Siege gewöhnte Sportler kann sich Hoffnung auf eine weitere Amtszeit machen. Das dürfte ihn seinen Plänen näher bringen, Präsident zu werden. Das wollte er schon 2013 werden. Doch mit den prowestlichen Protesten damals kam alles anders.
Umfragen sehen Klitschko vorn
Bei einem geheimen Treffen mit Oligarchen vor sechs Jahren liess Klitschko Petro Poroschenko den Vortritt bei der Präsidentenwahl. Der frühere Boxer wechselte in die Kommunalpolitik. Während Poroschenko längst abgewählt ist, sitzt Klitschko noch im Kiewer Rathaus.
Umfragen sehen ihn mit bis zu 50 Prozent der Stimmen vor den anderen 19 Kandidaten. Die Frage ist: Schafft er die Wiederwahl gleich im ersten Wahlgang? Ohne Stichwahl könnte die Stadt umgerechnet knapp eine Million Euro einsparen, rechnet Klitschkos Bruder Wladimir vor.
Das Geld wird dringend im Kampf gegen das Coronavirus gebraucht. Fast täglich verkündet Klitschko persönlich in einer Pressekonferenz neue Zahlen. «Coronavirus: Das Virus weicht nicht zurück, und die Zahl der Kranken und Toten hat sich erneut spürbar erhöht», sagt er.
Klitschko nicht unumstritten
Unumstritten ist Klitschko nicht. In den sechs Jahren seiner Regierungszeit wurde keine einzige Metrostation gebaut, und die Stadt versinkt täglich im Dauerstau. Statt auf kostspielige Infrastrukturprojekte konzentrierte er sich, wie Präsident Wolodymyr Selenskyj in einem Interview spottete, auf Parks und Springbrunnen.
«Es drängt sich der Eindruck auf, dass Vitali Klitschko in erster Linie poppige PR-Projekte interessieren, wie die gläserne Brücke, der höchste Fahnenmast, angestrahlte Wasserfontänen und so weiter», meint der Politologe Viktor Taran.
Dabei sind etwa die Kanalisationssysteme bei Starkregen hoffnungslos überfordert. Regelmässig werden komplette Strassenzüge unter Wasser gesetzt. «Als Klitschko versprach, die Hauptstadt in eine wahre europäische Stadt zu verwandeln, hatte niemand den Verdacht, dass er damit Venedig meinte», sagt Taran.
Brücke wird nicht rechtzeitig fertig – Klitschko als Weihnachtsmann
Unabhängig vom Ausgang der Wahl zeichnet sich dennoch eine Schlappe ab: 2017 wettete Klitschko nach einem Bericht der «Bild» mit Berlins Regierendem Bürgermeister Michael Müller (SPD), welcher Langzeitbau der beiden Hauptstädte eher fertig wird – die bereits 1993 begonnene sieben Kilometer lange Brücke über den Fluss Dnipro in Kiew oder der Berliner Hauptstadtflughafen BER, der zum 31. Oktober in Betrieb gehen soll. Die Brücke in Kiew wird nicht vor Jahresende fertig.
Klitschko müsste dann als Weihnachtsmann verkleidet in Berlin auftauchen. So hatte er es versprochen. Für ihn keine ungewohnte Pose. Zum Jahreswechsel fuhr er bereits im Weihnachtsmannkostüm im Quadrocycle über eine erneuerte Brücke in Kiew.