Kommt Deutschland beim Corona-Impfen nicht vorwärts?

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Kritik am Corona-Impfstart: Deutschland habe zu wenig Dosen und sei zu langsam, heisst es in sozialen Netzwerken. Stimmt das?

Impfung
Die Wirtschaft hofft insbesondere auf den Erfolg der Impfkampagne. - dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • In Deutschland wird seit dem vergangenen Wochenende gegen das Coronavirus geimpft - im ersten Schritt Pflegebedürftige, Über-80-Jährige und medizinisches Personal.

Manchen geht das viel zu langsam.

In sozialen Netzwerken wird dazu eine Grafik von der Website «Our World in Data» der Oxford-Universität geteilt. Diese zeigt die verabreichten Dosen pro 100 Einwohner in verschiedenen Ländern. Deutschland belegt nur einen der hinteren Plätze (Stand: 28.12.2020).

BEHAUPTUNG: Deutschland kommt beim Impfen nicht vorwärts und hat es versäumt, genügend Impfstoff zu kaufen.

BEWERTUNG: Diese Aussagen sind zu pauschal. Die Grafik muss hinsichtlich des Impfstarts je Land, der zu dem Zeitpunkt vorhandenen Impfdosen und dem Aufbau des Gesundheitswesens differenziert betrachtet werden.

FAKTEN: Die Grafik bei «Our World in Data» vergleicht verschiedene Länder nach nur einem Kriterium: der verabreichten Dosen pro 100 Einwohner. Andere Faktoren werden hier aussen vorgelassen. Das zeigt ein Vergleich zwischen dem Spitzenreiter Israel und Deutschland.

Die Bundesrepublik impft seit vergangenem Wochenende. Das Robert Koch-Institut (RKI) zeigt auf einer werktäglich aktualisierten Tabelle den Stand der erfolgten Impfungen unter anderem nach Bundesländern. Die Gesamtzahl der Geimpften betrug bis einschliesslich Montag, 28. Dezember, genau 41.962 Personen. Am 30. Dezember um 11.00 Uhr informierte das RKI über 78.109 Geimpfte in Deutschland.

In Israel läuft bereits seit 19. Dezember eine massive Impfkampagne - und damit rund eine Woche länger als in Deutschland. Seitdem wurden rund 650.000 Israelis gegen das Virus geimpft. Israel hat es geschafft, dass mittlerweile täglich mehr als 150.000 Menschen immunisiert werden. Insgesamt hat das Land knapp neun Millionen Einwohner und damit etwa neun Mal weniger als Deutschland mit rund 83 Millionen.

Unterschiede gibt es auch im Gesundheitswesen: Während es in Deutschland laut Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherungen mehr als 100 gesetzliche Krankenkassen gibt, die in diesen Impfprozess eingebunden sind, hat Israel nur vier grosse Krankenkassen. Über diese ist praktisch jeder Staatsbürger versichert. Dazu ist das kleine Land unabhängig, weder in Europa eingebunden noch in Bundesländer aufgeteilt. Eine zentrale Anweisung der Regierung zum Impfen kann damit schneller umgesetzt werden.

Israel hat sich eigenständig Impfdosen besorgt. Nach Angaben von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu wurde mit Biontech/Pfizer die Lieferung von acht Millionen Impfdosen und mit Moderna sechs Millionen vereinbart. Im Land sollen sich laut «The Jerusalem Post» bereits 3,2 Millionen Dosen von Biontech/Pfizer befinden.

Im Gegensatz dazu hat sich Deutschland entschieden, bei der Beschaffung des Impfstoffs «den europäischen Weg zu gehen», sagte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) bei «Bild live». Das heisst: Die EU bestellt gemeinsam, die Impfstoffe werden unter den Mitgliedsstaaten nach Bevölkerungsanteil verteilt. Spahn verteidigte im Interview zudem die Menge: Deutschland habe viel Impfstoff bestellt. Bis zum Jahreswechsel sollen laut Spahn 1,3 Millionen Dosen zur Verfügung stehen.

Insgesamt erwarte Deutschland von den Herstellern Biontech/Pfizer und Moderna über 130 Millionen Impfdosen. Spahn: «Die allein würden schon reichen im nächsten Jahr, um jedem, der geimpft werden will, ein Impfangebot zu machen.»

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