Poroschenko muss gegen den Komiker Selenski in die Stichwahl
In der Ukraine hat der Amtsinhaber Poroschenko nach einem hitzigen Wahlkampf bei der Präsidentenwahl nur noch einen Gegner: den Komiker Selenski. Der hat im ersten Wahlgang ordentlich vorgelegt. Nun droht eine politische Schlammschlacht.
Das Wichtigste in Kürze
- Bei der Präsidentenwahl in der Ukraine bringen sich der Polit-Neuling und Komiker Wladimir Selenski und der Amtsinhaber Petro Poroschenko für die Stichwahl in drei Wochen in Stellung.
Selenski kam am Sonntag auf rund 30,3 Prozent der Stimmen; Poroschenko lag bei 15,9 Prozent.
Das war der Stand nach Auszählung von mehr als 90 Prozent der Stimmzettel am Montag bei der Zentralen Wahlkommission in Kiew. Der zweite Wahlgang ist für den Ostersonntag (21. April) geplant. Beide Kandidaten stehen für eine klare West-Orientierung der in die EU strebenden Ex-Sowjetrepublik.
Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) erklärte, dass die Abstimmung in der Ukraine frei und fair gewesen sei. Man hoffe, dass dies auch in der Stichwahl gelten werden.
Der Wahlkampf zwischen dem Amtsinhaber und dem Komiker dürfte hart werden. Der 53-jährige Poroschenko warf Selenski vor, ein Kandidat Russlands zu sein. Der politische Neuling Selenski betonte dagegen seine Unabhängigkeit und zeigte sich bereit für ein TV-Duell. Der 41-Jährige ist in seinem Land ein Medienstar, der schon in einer Comedy-Serie seit vielen Jahren einen Präsidenten darstellt.
Poroschenko verlor im Vergleich zur Wahl 2014 fast 40 Prozentpunkte. Nach den proeuropäischen Protesten auf dem Maidan - dem Unabhängigkeitsplatz in Kiew - und dem Sturz des gewählten Präsidenten Viktor Janukowitsch war er 2014 im ersten Wahlgang mit rund 55 Prozent der Stimmen gewählt worden. Poroschenko sprach von einer «harten Lehre». Viele Menschen in der Ukraine beklagen soziale Probleme, Armut, hohe Gaspreise und Korruption.
Bundeskanzlerin Angela Merkel gratulierte Poroschenko telefonisch zum Einzug in die Stichwahl. Nach Angaben aus Kiew lobte Merkel die Fairness der Wahl. Dies wurde in der Mitteilung der Bundesregierung nicht erwähnt. Ihr Sprecher Steffen Seibert erklärte jedoch, Merkel und Poroschenko hätten auch «die Lage im Donbass und auf der Krim», eine mögliche UN-Mission «in der Ostukraine» und das Schicksal der in Russland festgehaltenen ukrainischen Seeleute erörtert.
Anders als versprochen hatte Poroschenko den Krieg in der Ostukraine nicht beendet. Ungeachtet dessen zeigte er sich in Kiew siegessicher: «Sie werden weiter mit Poroschenko arbeiten müssen.» Poroschenkos erbitterte Gegnerin, die Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko, landete auf dem dritten Platz bei rund 13 Prozent der Stimmen.
Insgesamt hatten die rund 30 Millionen Wahlberechtigten in dem Krisenland 39 Kandidaten zur Auswahl. So viele Bewerber gab es noch nie bei einer Abstimmung über den mächtigsten Posten in dem Land. Der Wahlsonntag verlief weitgehend ruhig. Vereinzelt gab es Vorwürfe der Manipulation. Die Wahlbeteiligung lag bei rund 62,8 Prozent - etwas höher als bei der Abstimmung 2014.
Ranghohe russische Politiker werten das schlechte Abschneiden Poroschenkos als Protest gegen seine anti-russische Haltung. «Es ist der Beweis, dass die Politik des Präsidenten gescheitert ist», sagte der Aussenpolitiker Leonid Sluzki der Agentur Tass zufolge am Montag. Weder Wahlmanipulationen, Sanktionen gegen Russland noch die Unterstützung des Westens hätten Poroschenko geholfen, sagte Sluzki, der den Aussenausschuss im russischen Parlament leitet.
Poroschenkos Ziele sind ein EU- und Nato-Beitritt und eine totale Abkehr von Russland. Die äusserst gespannten Beziehungen zu Moskau waren das zentrale Thema seines Wahlkampfes. Poroschenko betonte, mit allen Mitteln die von Russland annektierte Schwarzmeerhalbinsel Krim und die abtrünnigen Teile der Gebiete Donezk und Luhansk im Osten zurückholen zu wollen. Poroschenko habe sich nur aufgrund seines Amtes überhaupt in den zweiten Wahlgang retten können, sagte Sluzki. Es sei ausgeschlossen, dass er die Stichwahl so gewinne.
Die von Russland unterstützten abtrünnigen Teile der Regionen Donezk und Luhansk im Kriegsgebiet Donbass nahmen nicht an der Abstimmung teil. Auch wurde russischen Wahlbeobachtern die Arbeit in der Ukraine verweigert. Deshalb werde dem russischen Parlament empfohlen, die Wahl nicht anzuerkennen, sagte der Aussenpolitiker Leonid Kalaschnikow in Moskau. Der Kreml wollte die Abstimmung mit Blick auf den offenen Ausgang des zweiten Wahlgangs zunächst nicht kommentieren.