Debatten am Equal Pay Day - Was Frauen verdienen
Immer noch gibt es Unterschiede in der Bezahlung zwischen Männern und Frauen. Alljährlich macht der Equal Pay Day auf die Ungleichheit in der Arbeitswelt aufmerksam. Doch der Tag zeigt vor allem eins: die Diskriminierung geht über den Lohnzettel hinaus.
Das Wichtigste in Kürze
- 21 Prozent.
So gross ist der Lohnunterschied zwischen Frauen und Männern in Deutschland. Das hat am Montag an vielen Orten zu Diskussionen über Gleichberechtigung und Diskriminierung am Arbeitsplatz und darüber hinaus geführt.
Am sogenannten Equal Pay Day haben Vertreter aus Forschung, Politik und Zivilgesellschaft deutschlandweit zu mehr Engagement gegen Diskriminierung aufgerufen.
Zum Beispiel die Bundesministerin für Frauen, Familie, Senioren und Jugend Franziska Giffey (SPD) in einer Rede vor dem Brandenburger Tor in Berlin. Die Ministerin machte sich für eine Reihe von Änderungen stark, unter anderem ein erweitertes Entgelttransparenz-Gesetz, das auch für kleine Unternehmen gelten soll. Das Gesetz ist seit 2018 in Kraft und gibt Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in Unternehmen mit über 200 Beschäftigten unter bestimmten Voraussetzungen das Recht, Auskunft über die Höhe der Gehälter im Betrieb zu erhalten. Das Gesetz solle im Sommer ausgewertet werden, sagte Giffey.
Ein weiterer Vorschlag Giffeys: Flächentarife und die Aufwertung der sozialen Berufe. Schliesslich würden die Berufe zu 80 Prozent von Frauen ausgeführt. Quoten versprächen zudem Erfolg. Das «Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen» habe das unterstrichen. Mittlerweile seien 31 Prozent der Aufsichtsräte mit Frauen besetzt. In den quotenfreien Chefetagen sehe das noch ganz anders aus, sagte die Ministerin. Unterstützung bekam Giffey von Facebook-Managerin Sheryl Sandberg, die sich im Interview des «Handelsblatts» ebenfalls offen für Quoten zeigte.
Mit weniger Druck auf Unternehmen will hingegen Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) zum Ziel der gleichberechtigten Bezahlung zwischen Männern und Frauen gelangen. Trotzdem sei es die grosse Aufgabe «unserer Generation», Gleichberechtigung zu erreichen. Dem schob der Minister im «Handelsblatt»-Interview ein Bekenntnis hinterher: «Ich bin ein Feminist».
Dass die Wende nicht automatisch kommt, zeigen die Zahlen des Statistischen Bundesamtes: 2018 hatten Frauen im Durchschnitt 21 Prozent weniger auf dem Gehaltszettel als Männer. 2017 auch. Der Wert stagniert. Gehe es in dem Tempo weiter, werde man irgendwann im 22. Jahrhundert die Lohngleichheit erreichen, stellte Giffey fest. Die Lücke in der Bezahlung ergibt sich, weil Frauen oft in Teilzeit oder Minijobs und seltener in Führungspositionen arbeiten. Doch auch wenn man die Unterschiede herausrechnet bleibt ein ungleiches Bild: Bei vergleichbarer Qualifikation und Tätigkeit beträgt die Gehaltslücke sechs Prozent.
Kritik wurde von Seiten der Gewerkschaft laut: «Die Lohnlücke stagniert, weil die Gesetze ins Leere laufen, die Frauen eigentlich bessere Chancen am Arbeitsmarkt bringen sollten. Die Bundesregierung hat hier viel gut gemeint, aber nicht gut gemacht», sagte Reiner Hoffmann, Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes.
Cornelia Töpfer von der Gewerkschaft Verdi verwies auf die Langzeitfolgen der Lohnunterschiede. Ein niedriges Einkommen für Frauen bedeute eine auch eine niedrige Rente im Alter. Der Unterschied zwischen Frauen und Männern liege hier bei 53 Prozent. «Das muss 70 Jahre nach der Gleichstellung im Grundgesetz endlich auch faktisch vollzogen werden», forderte Töpfer.
Mona Küppers, Vorsitzende des Deutschen Frauenrates, forderte eine gerechtere Verteilung unbezahlter Arbeiter gefordert. Frauen verbrächten täglich anderthalb Mal so viel Zeit wie Männer mit unbezahlter Sorgearbeit im Haushalt und der Familie. Die ungleiche Aufteilung der Arbeit in heterosexuellen Partnerschaften gehe zu Lasten der Frauen. Sorgearbeit sei unverzichtbar für die Gesellschaft und blieben trotzdem häufig unbezahlt.
Auf andere Dimensionen von Diskriminierung machte Peggy Piesche von der Grünen-nahen Heinrich-Böll-Stiftung aufmerksam. Am Equal Pay Day werde für alle sichtbar, was für viele tägliche Realität sei. Gerade unbezahlte Arbeit werde am wenigsten wertgeschätzt. Das bedeute weniger Anerkennung, Würdigung und Sichtbarkeit für die Betroffenen. «Diese Arbeit machen überproportional häufig Schwarze und POC-Frauen*. Der Equal Pay Day ist daher eine Chance sich fragen zu lassen, wie viel Exklusion wir uns als Gesellschaft erlauben können.» POC steht für Person of Colour und ist eine Selbstbezeichnung von Menschen mit Rassismuserfahrung.
Für viel Diskussion hatten auch die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) mit einem 21 Prozent günstigeren Ticket für Frauen gesorgt. Die Aktion schaffte es gar in die Berichterstattung der «New York Times». Neben dem vorab angekündigten billigeren Tagesticket waren am Montag auch Monats- und Jahreskarten verfügbar, letztere für 160 Euro weniger als normal. «Das ist Männern gegenüber nicht fair, die ganze Aktion ist nicht fair», sagte eine BVG-Sprecherin der dpa. «Aber darum geht es ja. Das soll keine Wohltat für Frauen sein. Uns geht es darum, auf ein Problem aufmerksam zu machen.» Erhältlich waren die vergünstigten Tagestickets an allen Fahrkartenautomaten, die Monats- und Jahreskarten nur an einem einzigen Automaten am Alexanderplatz.