Länder wollen Astrazeneca-Impfstau abbauen

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Deutschland,

Millionen Astrazeneca-Dosen könnten bald auf Halde liegen, wenn die Länder nicht schnell das Impftempo hochfahren. Nun gibt es positive Signale - und einige Erklärungen für den schleppenden Start.

Der Corona-Impfstoff von Astrazeneca liegt im Impfzentrum in München. Foto: Sven Hoppe/dpa
Der Corona-Impfstoff von Astrazeneca liegt im Impfzentrum in München. Foto: Sven Hoppe/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • In den Bundesländern wächst nach dem zögerlichen Start die Hoffnung auf einen schnellen Abbau des Astrazeneca-Impfstaus.

Mehrere Länder rechnen mit einem deutlichen Hochfahren der Impfungen mit dem britisch-schwedischen Vakzin, wie eine Abfrage der Deutschen Presse-Agentur ergab.

Bis zuletzt hatte nur ein kleiner Teil der gelieferten Dosen den Weg in die Oberarme der Menschen gefunden. Die Gründe dafür sind teils überraschend.

DER ASTRAZENECA-IMPFSTAU IN ZAHLEN

Insgesamt fast 3,2 Millionen Dosen des Astrazeneca-Impfstoffs sollen bis Donnerstag an die Länder geliefert sein, wie aus Angaben des Bundesgesundheitsministeriums hervorgeht. Bis einschliesslich Dienstag sind nach Zahlen des Robert Koch-Instituts (RKI) jedoch lediglich 574.000 Dosen verabreicht worden. Verglichen mit den Impfstoffmengen ist das Impftempo noch sehr überschaubar: Am Montag und Dienstag wurden jeweils rund 60.000 Menschen mit Astrazeneca geimpft, über die beiden Wochenendtage waren es rund 91.000. Klar ist: Bleibt es bei dem Tempo, könnten bis Ende der Woche über zwei Millionen Dosen auf Halde liegen.

WIESO JETZT TATSÄCHLICH MEHR GEIMPFT WERDEN KÖNNTE

Insgesamt steigen die Impfzahlen: Am Montag wurden nach den RKI-Zahlen von allen drei Impfstoffen zusammen knapp 187.000 Dosen verabreicht, am Dienstag sogar gut 199.000. In mehreren Bundesländern werden bereits Impftermine für die zweite Prioritätsgruppe vergeben, andere planen das - und somit könnten zusätzlich Millionen von Menschen bald ein Recht auf eine Astrazeneca-Impfung haben. Ausserdem könnte der Impfstoff bald auch an Menschen über 65 verimpft werden. Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) rechnet damit, dass die Ständige Impfkommission (Stiko) wegen neuer Daten ihre Empfehlung überdenkt, wie aus der Bund-Länder-Schalte zu vernehmen war. Bisher hatte die Stiko das Vakzin nur für 18- bis 64-Jährige empfohlen.

In den Bundesländern werden die Impfungen mit Astrazeneca zudem hochgefahren. In Nordrhein-Westfalen etwa sollen ab Montag rund 750 000 Kita-Erzieher, Tageseltern, Grundschullehrer und Streifenpolizisten ein Impfangebot erhalten. «Wir wollen halt einfach impfen was das Zeug hält», sagte NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU). In Hessen haben zuletzt 12.000 Ärzte und medizinisches Personal ihre Astrazeneca-Dosis erhalten, auch Lehrer, Erzieher und Polizisten sollen bald drankommen.

Und die Vorbehalte scheinen zu schwinden: Brandenburg meldete zum Wochenstart eine Auslastung von rund 90 Prozent bei der Terminvergabe, in Thüringen sind die Impftermine für Personal an Kitas und Grund- und Förderschulen binnen weniger Stunden vergeben worden. Auch Baden-Württemberg verzeichnet eine stärkere Terminnachfrage, es gebe wenig Vorbehalte bei Lehrern oder Erziehern. Mittlerweile seien mehr als eine Million Menschen im Land zusätzlich impfberechtigt, heisst es von dort. Zuvor hatten die Länder bereits die Kapazitäten in den Impfzentren hochgefahren.

Die generelle Impfbereitschaft scheint ebenfalls zu steigen: Einer Forsa-Umfrage für das RTL/ntv-«Trendbarometer» zufolge würden sich 73 Prozent der Befragten so schnell wie möglich gegen das Coronavirus impfen lassen - Mitte Februar lag der Wert noch bei 68 Prozent.

Wie es fix gehen könnte, zeigt die Stadt Krefeld in NRW. Dort wurden am Dienstag kurzerhand 600 Beschäftigte von Schulen und Kitas mit kurzfristig erhaltenen und nicht eingeplanten Astrazeneca-Dosen geimpft - sechs Tage vor dem landesweiten Impfstart für diese Gruppe.

DIE GRÜNDE FÜR DEN ZUNÄCHST LANGSAMEN START

Dennoch liegt noch stapelweise Impfstoff im Kühlschrank. Zuletzt hatte es geheissen, das Astrazeneca-Vakzin habe ein Imageproblem und werde deswegen so zögerlich verabreicht. Die Erfahrungen aus den Ländern zeigen: Das ist nur ein Teil der Wahrheit.

In Schleswig-Holstein etwa musste zunächst die Buchungssoftware umgestellt werden, um Astrazeneca in grossem Stil in den Impfzentren einsetzen zu können. In Nordrhein-Westfalen wurde das Impftempo in Krankenhäusern zuletzt bewusst gedrosselt, weil teilweise Mitarbeiter nach der Impfung kurzzeitig ausgefallen waren. Die Impftermine wurden daher über einen längeren Zeitraum gestreckt - damit nicht zu viele Mitarbeiter gleichzeitig mit Impfreaktionen ausfallen. Und Baden-Württemberg begründete die niedrigen Impfzahlen mit einer statistischen Verzögerung: Impfungen in den Krankenhäusern werden demnach erst verspätet in den Impfzentren statistisch erfasst.

Der Sprecher der Bundesregierung, Steffen Seibert, hatte sich jüngst gegen den Eindruck verwehrt, dass Impfstoff einfach ungenutzt rumliege. So könne Impfstoff erst relativ frisch geliefert sein, für eine zweite Impfung zurückgehalten werden oder noch nicht verimpft, aber für bestimmte Impfungen vorgesehen sein.

WEITER KRITIK AM IMPFKONZEPT

Nach Ansicht des Sozialverbands VdK sollten die Länder dennoch Tempo machen. «Der Impfstoff ist da, verkommt aber teils in den Impfzentren», sagte Präsidentin Verena Bentele. Beim Verband meldeten sich immer mehr Mitglieder, die chronisch krank oder behindert seien und sich impfen lassen wollten, aber verzweifelt auf Termine warteten. Der VdK monierte, dass der Bund das Verfahren den Ländern und Landräten überlasse. Diese seien offensichtlich heillos überfordert, Menschen mit chronischen Erkrankungen und Behinderungen ausfindig zu machen.

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