Longlist für den Deutschen Buchpreis steht für Vielfalt

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Deutschland,

Das Kulturangebot ist eingeschränkt, das Dauerthema Corona nervt - 2020 ist Lesen eine gute Idee. Die 20 Titel auf der Longlist versprechen «Lichtblicke» in schwierigen Zeiten, findet die Jury. Mit dabei: alte Bekannte, neue Stimmen und Mut zum Experiment.

Deutscher Buchpreis
Wer bekommt im Corona-Jahr den Deutschen Buchpreis? - dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • Während im realen Leben Corona das alles beherrschende Thema ist, ist die Literatur so bunt wie selten: Diese Bilanz zog die Jury für den Deutschen Buchpreis am Dienstag bei der Bekanntgabe der Longlist in Frankfurt.

Sieben Literaturexperten haben aus mehr als 200 Kandidaten die aus ihrer Sicht 20 besten Bücher des Jahres ausgewählt.

«Im Gegensatz zur Lektüre der Nachrichten der vergangenen Monate bot die Beschäftigung mit den über 200 eingereichten Titeln vielfältige Lichtblicke», sagte Jurysprecherin Hanna Engelmeier. Auf der Longlist stehen einige bekannte Namen, etwa Frank Witzel. Er hatte für «Die Erfindung der Roten Armee Fraktion durch einen manisch-depressiven Teenager im Sommer 1969» vor fünf Jahren den Buchpreis bekommen. Mit «Inniger Schiffbruch» setzt er seine Selbsterkundung fort, diesmal als Kind in den biederen 1960er Jahren.

Auch viele andere Romane sind laut Jury biografisch oder autobiografisch geprägt. Zum Beispiel die Debüts von Deniz Ohde («Streulicht») und Helena Adler («Die Infantin trägt den Scheitel links»): ein eher sachlich erzählter Arbeiterroman und ein skurril-überdrehter Anti-Heimatroman. Auch der erste Roman der Bachmann-Preisträgerin Birgit Birnbacher («Ich an meiner Seite») hat es auch die Longlist geschafft.

Historische Themen sind in diesem Jahr stark vertreten: Anne Weber erzählt in «Annette, ein Heldinnenepos» von einer französischen Widerstandskämpferin. Christine Wunnickes «Die Dame mit der bemalten Hand» spielt im kolonialen Bombay, Charles Lewinskys «Der Halbbart» im Mittelalter. Thomas Hettche («Herzfaden») erinnert sich an den Zauber der Augsburger Puppenkiste.

Robert Seethaler ist zu Recht eine feste Grösse im Literaturbetrieb und ein Dauerkandidat auf allen Preislisten. Hauptfigur seiner jüngsten Miniatur «Der letzte Satz» ist der Komponist Gustav Mahler. Eine Biografie oder musikwissenschaftliche Erkenntnisse darf man vom Meister der Verknappung aber nicht erwarten.

Den grossangelegten Familienroman findet man am ehesten bei Eva Sichelschmidt und Iris Wolff. Es geht um eine untergehende Unternehmer-Dynastie («Bis wieder einer weint») und globale Familienbande aus dem Banat («Die Unschärfe der Welt»). Das Genre Dystopie/Utopie ist mit Roman Ehrlichs «Malé» vertreten, der Roman spielt auf den vom Klimawandel bedrohten Malediven. Grossstadt-Hipster auf Sinnsuche gibt's bei Leif Randt («Allegro Pastell»), ostdeutsche Identitäten bei Jens Wonneberger («Mission Pflaumenbaum»).

Nicht alle literarischen Lichtblicke sind Feel-Good-Titel. In Bov Bjergs «Serpentinen» unternimmt ein depressiver Vater mit seinem kleinen Sohn eine Reise zu den Wurzeln ihrer Familie, in der sich alle männlichen Vorfahren das Leben nahmen. Die Hauptfigur in Valerie Fritschs «Herzklappen von Johnson & Johnson» muss ein Kind beschützen, das keinen Schmerz empfindet, und eine Mutter pflegen, die sich nur wünscht, als dass der Schmerz endet. Stephan Roiss erzählt von einer dysfunktionalen Kindheit voller Monster («Triceratops»).

Einige Autoren widmen sich «identitätspolitischen Debatten» wie die Jury formuliert, etwa Olivia Wenzels «1000 Serpentinen Angst». «Es freut uns, dass auch Bücher vertreten sind, die die Form des Romans aufbrechen und mit ihr experimentieren», sagte Engelmeier. Allem voran gilt das für Dorothee Elmingers «Aus der Zuckerfabrik», einem extratischen Reigen von Szenen und Ideen, die, so der Verlag, «den Blick öffnen für die Komplexität der Welt». Zweiter Schweizer auf der Longlist ist Arno Camenisch («Goldene Jahre»).

Am 15. September wird die Liste auf sechs Titel - die Shortlist - verkürzt. Der Sieger wird am Vorabend der Frankfurter Buchmesse, am 12. Oktober, verkündet. Der Preis ist mit insgesamt 37 500 Euro dotiert: Der Sieger erhält 25 000 Euro, die übrigen Autoren der Shortlist jeweils 2500 Euro. Im Vorjahr war Saša Stanišićs Roman «Herkunft» ausgezeichnet worden.

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