Mallorcas Kampf gegen den Müll

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Spanien,

Der Massentourismus auf Mallorca hinterlässt viel Müll, auch an den Stränden. Um der Flut an Plastik und Einwegverpackungen Herr zu werden, haben die Balearen seit Anfang des Jahres ein neues Gesetz. Bei der Umsetzung hilft auch eine deutsche Initiative.

Um den Massen an Plastik und Einwegverpackungen Herr zu werden, haben die Balearen seit Anfang des Jahres ein neues Gesetz. Foto: Daphne Tieleman/dpa
Um den Massen an Plastik und Einwegverpackungen Herr zu werden, haben die Balearen seit Anfang des Jahres ein neues Gesetz. Foto: Daphne Tieleman/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Mallorca im späten Herbst.

Blauer Himmel, 20 Grad, die Mallorquiner geniessen die Ruhe auf ihrer Insel ohne den sommerlichen Massentourismus. Am Strand nahe der Hauptstadt Palma liegen sie in der Sonne, Kinder spielen, Pärchen spazieren Hand in Hand am Wasser entlang.

Ein Idyll, auf den ersten Blick. Aber wer näher hinschaut, entdeckt zwischen Meerestang und Muscheln überall Müll und Plastik. Becher, Bierdosen, Flaschenverschlüsse und irgendwelche kaum noch identifizierbaren Reste aus Kunststoff ragen aus dem Sand, und auch auf der palmengesäumten Hafenpromenade liegen Abfallhaufen.

Sie sind die Überreste der vergangenen Sommersaison samt Massentourismus und Megakonsum - auch nachdem die Urlauber schon lange wieder abgereist sind. Während beim Klimagipfel in Madrid die Weltgemeinschaft über das weitere Vorgehen im Klimaschutz berät, haben die Balearen ihren eigenen Kampf auszufechten. Der «Krieg gegen die Natur», vor der UN-Generalsekretär António Guterres vor wenigen Tagen gewarnt hat, ist auf Mallorca längst bittere Realität.

Müllmenge soll massiv reduziert werden

Aber mittels eines neuen, ehrgeizigen und strengen Abfallgesetzes, das Anfang des Jahres im Balearen-Parlament verabschiedet wurde, soll die Müllmenge in den kommenden Jahren endlich massiv reduziert werden - um 10 Prozent bis 2021 (verglichen mit 2010) und um 20 Prozent bis 2030, so lautet das Ziel.

«Das Gesetz ist sogar ambitionierter als das, was der spanische Staat sich vorgenommen hat», sagt Sebastián Sanso, Direktor für Abfallwirtschaft im balearischen Umweltministerium. «Inseln sind viel fragiler als das Festland. Jeden Tag haben wir hier mehr Müll, und die Produzenten denken nicht darüber nach, wie das alles recycelt werden kann.» Der Tourismus spiele dabei eine riesige Rolle. Daher gehe es bei dem Gesetz darum, umweltschädliche Stoffe und speziell Einwegverpackungen aus Plastik in Zukunft von vornherein möglichst zu vermeiden.

Das betrifft etwa Kaffeekapseln, Strohhalme, Wattestäbchen, Feuerzeuge, Rasierklingen oder Druckerpatronen, die nicht aus umweltfreundlichen Materialien hergestellt sind oder nur einmal benutzt werden können. Bei der Umsetzung hilft unter anderem die Nachhaltigkeitsinitiative der deutschen Tourismusbranche, Futouris. Bei dem Projekt «Plastikfreier Urlaub auf den Balearen» geht es darum, wie Plastikabfall im Tourismussektor, speziell in der Hotellerie, konkret vermeidbar sind.

Pilotmassnahmen wurden entwickelt

Inzwischen wurden gemeinsam mit zehn teilnehmenden Hotels und Hotelketten sowie Vertretern der Reiseveranstalter und lokalen NGOs Pilotmassnahmen entwickelt, die in der kommenden Saison getestet werden sollen. «Einige Massnahmen - wie Strohhalme nur auf explizite Nachfrage, keine Einweg-Plastikbecher im Poolbereich, grosse Seifenspender statt Mini-Duschgelflaschen im Badezimmer oder Verzicht auf Portionspackungen am Frühstücksbuffet - wurden bereits umgesetzt», betont Futouris-Projektleiterin Swantje Lehners und lobt das Engagement vieler Hotelbetriebe auf Mallorca und Ibiza.

Dazu gehört etwa die Kette Iberostar mit Hauptsitz in Palma, die eine Plastikabfallreduzierung fest in ihren Unternehmenszielen verankert hat. Bereits im kommenden Jahr würden alle Häuser der Gruppe komplett auf Einweg-Plastikverpackungen verzichten, schreibt das Unternehmen auf seiner Webseite. Auch setzt Iberostar im Rahmen der Initiative «Welle des Wandels» auf den Einkauf von Fisch und Meeresfrüchten aus nachhaltiger Fischerei sowie auf eine Sensibilisierung für den Schutz der Ozeane.

Um Meer und Strände der Balearen kümmert sich unter anderem auch die mallorquinische Stiftung «Save the Med», die ebenfalls bezüglich der Umsetzung des neuen Gesetzes eng mit der Regionalregierung zusammenarbeitet. «Das Gesetz fördert unter anderem die Praxis des Kaufs unverpackter Produkte in grossen Mengen sowie die Entwicklung von Waren, die wiederverwendet werden können. Wir glauben, dass dies die richtigen Schritte sind, um das Ziel einer Null-Abfall-Gesellschaft zu erreichen», sagt Programmkoordinatorin Tupa Rangel Cárdenas.

Und was sagen die Gäste aus Deutschland zu den Bemühungen? «Das Thema kommt inzwischen immer mehr bei den Urlaubern an. Bei Befragungen wurde deutlich, dass es den allermeisten wichtig ist, die Umwelt ihres Urlaubslandes zu schützen», erklärt Swantje Lehners. Die meisten deutschen Gäste hätten etwa angegeben, dass sie die plastikverpackte Grundausstattung in den Hotelzimmern - also Schuhschwamm, Duschhaube oder Zahnbürste - gar nicht benötigen, weil sie diese Dinge ohnehin von zuhause mitbringen.

Derzeit aber ragt noch vielerorts Unrat aus dem Sand. «Die Strände sind tatsächlich voller Müll, speziell nahe Palma», sagt Rangel Cárdenas. Zwar würden diese auch im Winter gesäubert, jedoch nicht so regelmässig. «Zudem sind alle Länder des Mittelmeers durch das Wasser verbunden, so dass der Müll an Mallorcas Stränden nicht unbedingt auch auf Mallorca fabriziert wurde.» Die Expertin ist dennoch zuversichtlich, dass das Gesetz Wirkung zeigen wird und die Strände künftig sauberer werden. Allerdings nicht sofort - es kann Meeresbiologen zufolge bis zu 20 Jahre dauern, bis Umweltmassnahmen sichtbare Veränderungen bringen.

Sebastián Sanso appelliert deshalb an die Urlauber, sich verantwortungsbewusster als bisher zu verhalten und bei der Umsetzung des neuen Gesetzes zu helfen - denn schliesslich wollten ja alle Menschen an einem sauberen Strand Urlaub machen. «Es ist viel besser, eine Plastikflasche von einem Strand mitzunehmen, als eine weitere mitzubringen», sagt der Politiker.

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