Neuer Rettungsversuch für einen geregelten Brexit

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Belgien,

Mit Blick auf einen drohenden harten Bruch Ende März treten die EU und Grossbritannien auf die Bremse: Bis Ende Februar soll noch einmal geredet werden.

Jean-Claude Juncker empfängt Theresa May am Hauptsitz der Europäischen Kommission. Foto: Geert Vanden Wijngaert/AP
Jean-Claude Juncker empfängt Theresa May am Hauptsitz der Europäischen Kommission. Foto: Geert Vanden Wijngaert/AP - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Es ist ein verzweifelter Rettungsversuch auf den letzten Metern: Nur 50 Tage vor dem Brexit kehren Grossbritannien und die Europäische Union zurück an den Verhandlungstisch, um eine chaotische Trennung doch noch abzuwenden.

Bis Ende Februar gibt man sich Zeit, wie Premierministerin Theresa May und EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker in Brüssel mitteilten. Vorerst beharrten aber beide Seiten auf ihren unvereinbaren Positionen. Kanzlerin Angela Merkel mahnte erneut zur Einigung.

Grossbritannien will die EU am 29. März verlassen. Weil Mitte Januar im britischen Parlament keine Mehrheit fand, will May Änderungen durchsetzen. Die EU schliesst dies jedoch aus. Dabei blieb es auch nach Mays Brüsseler Gesprächen mit Juncker, mit EU-Ratspräsident Donald Tusk und Vertretern des EU-Parlaments. Tusk erklärte auf Twitter: «Immer noch kein Durchbruch in Sicht.» May gab sich dennoch sicher, dass sie den Brexit rechtzeitig über die Bühne bringen könne. «Ich werde in den nächsten Tagen hart verhandeln, um genau das zu schaffen», sagte sie.

Die Stimmung war auf beiden Seiten angespannt. Am Mittwoch hatte Tusk in London für Empörung gesorgt, als er von einem «besonderen Platz in der Hölle» für die Brexit-Verfechter sprach, die keinen Plan für den EU-Austritt gehabt hätten. May sagte, sie habe Tusk darauf angesprochen. «Die Sprache, die er gestern verwendet hat, war nicht hilfreich und hat in Grossbritannien Ärger verbreitet», sagte die Regierungschefin. Auch die Diskussion zwischen May und Juncker sei «robust» gewesen, hiess es.

Trotzdem will man gemeinsam versuchen, die Blockade doch noch aufzubrechen - auch aus Furcht vor wirtschaftlichen Turbulenzen und politischer Unsicherheit bei einem Brexit ohne Vertrag. Denn in dem Fall entfiele die vereinbarte Übergangsphase bis mindestens Ende 2020, in der sich praktisch nichts ändern würde. Und niemand wüsste, wie man nach einer chaotischen Trennung künftig zusammenarbeiten könnte.

Darauf spielten May und Juncker auch in ihrer gemeinsamen Erklärung an. Beide wollten eine «starke Partnerschaft für die Zukunft» für Handel, Klimaschutz, Anti-Terror-Kampf und ein auf Regeln gegründetes internationales System, hiess es da. In dem Sinne arbeite man zusammen, einen geordneten Brexit zuwege zu bringen. Unterhändler sollten nun einen Weg suchen, der im britischen Parlament und auf EU-Seite Rückhalt findet. Schon am Montag sollen sich Brexit-Minister Stephen Barclay und EU-Unterhändler Michel Barnier treffen.

Das gemeinsame Ziel wurde also glaubhaft formuliert - unklar blieb nur, wie die Lösung praktisch aussehen soll. Ein EU-Beamter sagte, May habe hinter verschlossenen Türen keinen einzigen konkreten neuen Vorschlag gemacht. Und auch öffentlich wiederholte May nach ihren Treffen genau das, was die EU bereits kategorisch ausgeschlossen hat: «Es ist unsere klare Position, dass wir rechtlich verbindliche Änderungen im Austrittsabkommen erreichen müssen, um die Bedenken anzugehen, die das Parlament wegen des Backstops hat.»

Dieser Backstop - die vereinbarte Garantie für eine offene Grenze zwischen dem EU-Staat Irland und dem britischen Nordirland - gilt als höchste Hürde für die britische Ratifizierung des Abkommens. Die EU beharrt darauf, weil eine Teilung der Insel neue politische Gewalt in der früheren Bürgerkriegsregion entfachen könnte. Eine Mehrheit im Unterhaus hatte zuletzt für «alternative Regelungen» gestimmt. Juncker bekräftigte jedoch am Donnerstag, dass die übrigen 27 EU-Staaten das Austrittsabkommen nicht mehr aufmachen würden.

Die EU will eine andere Lösung: May soll ihren Widerstand gegen eine dauerhafte Zollunion und eine Anbindung an den EU-Binnenmarkt nach dem Brexit aufgeben. Unter diesen Umständen könnte die irische Grenze offen bleiben, und der Backstop würde nie gebraucht. Dies könnte ohne Änderung des eigentlichen Abkommens in einer politischen Erklärung festgeschrieben werden.

Diese Linie verfolgte Juncker im Gespräch mit May. Darauf setzt Bundeskanzlerin Merkel, die in Bratislava bekräftigte, aus ihrer Sicht sei eine Einigung ohne Öffnung des Austrittsabkommens möglich. Und in diese Richtung geht auch ein Vorstoss des britischen Oppositionsführers Jeremy Corbyn: Er stellte May die Unterstützung seiner Labour-Partei in Aussicht, falls sie eine Zollunion und eine Anbindung an den EU-Binnenmarkt akzeptiert.

«Wir glauben, dass eine Zollunion notwendig ist, um den reibungslosen Handel zu gewährleisten, den unsere Unternehmen, Arbeitnehmer und Verbraucher benötigen», erklärte Corbyn in einem Brief an May. «Sie ist der einzige gangbare Weg, um sicherzustellen, dass es auf der irischen Insel keine harte Grenze gibt.»

In Brüssel horchten viele bei dem Corbyn-Plan auf. EU-Ratschef Tusk habe May signalisiert, dass dies vielleicht ein Lösungsansatz sein könnte, sagte der EU-Beamte. Auch aus dem Europaparlament kam ein positives Echo. «Dieser Vorschlag von Corbyn ist ein guter Ausweg, aus der jetzigen Lage», meinte nicht nur der Grünen-Abgeordnete Sven Giegold.

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