Medien: Russland nutzt Botschaften in Skandinavien für Spionage
Zahlreiche Mitarbeiter der russischen Botschaften in Skandinavien haben nach Recherchen nordischer Rundfunkanstalten Verbindungen zu russischen Geheimdiensten.
Das Wichtigste in Kürze
- Viel russisches Botschaftspersonal in Skandinavien sind nicht Diplomaten, sondern Spione.
- Zu diesem Schluss kommt eine grosse Recherche von skandinavischen Medien.
- Bei mindestens 38 Personen konnte eine Geheimdienst-Vergangenheit nachgewiesen werden.
Die vier Sender – SVT aus Schweden, NRK aus Norwegen, DR aus Dänemark und Yle aus Finnland – nannten in einer am Mittwoch veröffentlichten Dokumentation insgesamt 38 mutmassliche Geheimdienstmitarbeiter, die in den vergangenen Jahren unter diplomatischem Deckmantel in den russischen Botschaften in Stockholm, Kopenhagen und Oslo gearbeitet haben sollen.
17 davon sind demnach weiter aktiv in den Ländern. Moskau bezeichnete die Enthüllungen als Falschnachrichten.
«Russlands Botschaften im Norden werden als Spionagestationen genutzt, die mit einer grossen Anzahl professioneller Geheimdienstoffiziere bemannt sind», berichtete der DR. Die Medien bekamen die 38 Namen demnach von westlichen Geheimdiensten bestätigt.
Ein Drittel der russischen Diplomaten sind Spione
Nordische Geheimdienste gehen den Angaben zufolge davon aus, dass etwa ein Drittel des russischen Botschaftspersonals Entsandte der russischen Geheimdienste sind. Sie arbeiteten im Auftrag von Präsident Wladimir Putin und dessen Führung und seien auf der Jagd nach Informationen, Technologie und Einfluss, um Russland einen Vorteil zu verschaffen, sagte eine führende norwegische Geheimdienstmitarbeiterin in der Dokumentation.
Die Enthüllungen sind Teil der Dokumentation «Schattenkrieg», bei der die Medien mit der Organisation Dossier Center zusammengearbeitet haben, die Zugang zu russischen Datenbanken hat. In der ersten Folge hatten die Sender vor einer Woche beschrieben, wie Russland unter dem Radar fahrende zivile Schiffe für die Positionsaufzeichnung etwa von Windparks auf See, Gasleitungen sowie Strom- und Internetkabeln rund um Schweden, Dänemark, Norwegen und Finnland nutzen kann.
Russland bestreitet Vorwürfe
Russlands Aussenamtssprecherin Maria Sacharowa bezeichnete die Recherchen der nordischen Fernsehsender als «koordinierten Einwurf von Fakes». Es sei offensichtlich, dass die Regierungen dahinter stünden, behauptete Sacharowa. «Wir werden weiterhin hart auf alle derartigen Provokationen reagieren», kündigte sie an.
Schweden will nach SVT-Angaben fünf russische Diplomaten ausweisen. Ihre Aktivitäten seien nicht mit ihrem Diplomatenstatus vereinbar, hatte Aussenminister Tobias Billström dem Sender am Dienstag gesagt. Kürzlich hatte auch Norwegen 15 russische Diplomaten ausgewiesen. Russland hat als Reaktion darauf am Mittwoch den norwegischen Botschafter einbestellt und zehn Diplomaten des Landes verwiesen.