Nach Hochwasser: Soforthilfe und schwindende Hoffnung in Deutschland
Nach dem Hochwasser hat die deutsche Regierung konkrete Hilfen und Konsequenzen beschlossen. Derweil schwindet die Hoffnung, Überlebende zu finden.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Westen Deutschlands wurde vom Hochwasser schwer getroffen.
- Nun hat die Regierung Soforthilfen in der Höhe von 200 Millionen Euro beschlossen.
- Die Bundesländer steuern noch einmal Mittel in derselben Höhe bei.
Die deutsche Regierung hat eine Woche nach dem Beginn der Hochwasserkatastrophe im Westen des Landes konkrete Hilfen und Konsequenzen beschlossen. Unterdessen schwinden in den betroffenen Gebieten die Hoffnungen, noch Überlebende zu finden. Dutzende Menschen werden noch immer vermisst.
Der Bund beschloss am Mittwoch eine Soforthilfe von zunächst 200 Millionen Euro. Mittel in derselben Höhe sollen die betroffenen Bundesländer beisteuern, sodass insgesamt bis zu 400 Millionen Euro bereitstehen.
Finanzminister Olaf Scholz machte deutlich, der Bund werde bei Bedarf auch mehr Geld zur Verfügung stellen. «An Geld wird es nicht scheitern», betonte auch Innenminister Horst Seehofer. «Dafür zahlen die Leute ja Steuern, dass ihnen in solchen Situationen geholfen wird.»
Ausserdem ist ein milliardenschwerer Aufbaufonds geplant. Der Aufbau werde Jahre in Anspruch nehmen, sagte Scholz. Über die genaue Höhe des Fonds soll erst entschieden werden, wenn das Ausmass der Schäden besser absehbar ist.
Der Bund werde auch in diesem Fall die Hälfte davon zur Verfügung stellen. Mit dem Wiederaufbau solle jetzt sofort begonnen werden. «Es gibt also nichts, womit man zögern muss. Die Zusage, die wir jetzt geben wollen, ist, dass diese Aufbauhilfe gleich beginnen kann.»
Mindestens 169 Tote wegen Hochwasser
In den Katastrophengebieten schwinden derweil die Hoffnungen, noch Überlebende zu finden. «Wir suchen aktuell noch nach Vermissten, etwa beim Räumen der Wege oder Auspumpen der Keller.» Dies sagte die Vizepräsidentin des Technischen Hilfswerks (THW), Sabine Lackner, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). «Zu diesem Zeitpunkt ist es aber leider sehr wahrscheinlich, dass man Opfer nur noch bergen kann, nicht mehr retten.»
Nach bisherigen Erkenntnissen kamen mindestens 169 Menschen bei der Hochwasser-Katastrophe ums Leben. Noch immer wurden Menschen vermisst – 155 von ihnen im besonders betroffenen Kreis Ahrweiler im Norden von Rheinland-Pfalz.
Nach Einschätzung des Deutschen Roten Kreuzes in Rheinland-Pfalz rückt nun im Katastrophengebiet auch die psychologische Betreuung in den Vordergrund. Auch die Infrastruktur ist vielerorts völlig zerstört: Strassen, Bahngleise, Brücken, Mobilfunkmasten, Strom-, Gas- und Wasserleitungen sind betroffen.
Die Wassermassen haben nach Angaben der Deutschen Bahn allein sieben Regionalstrecken in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz stark beschädigt. Sie müssen nun neu gebaut oder umfangreich saniert werden. Gleise auf rund 600 Kilometern seien betroffen.
Seehofer verspricht enge Zusammenarbeit im Katastrophenschutz
Wie ein Sprecher der Autobahngesellschaft des Bundes sagte, sind im Rheinland etwa 90 Kilometer Autobahn von Flutschäden betroffen. Dabei handele es sich um Schäden von unterschiedlicher Schwere. Auch Abschnitte, die nach dem Abfliessen des Wassers intakt aussehen, könnten nicht sofort freigegeben werden. «Wir müssen zunächst prüfen, ob der Untergrund tragfähig ist», sagte der Sprecher.
Bundesinnenminister Seehofer versprach nach der Sitzung des Bundeskabinetts eine engere Zusammenarbeit von Bund und Ländern im Katastrophenschutz. Gleichzeitig stellte er in Aussicht: Die deutsche Bevölkerung solle bei Hochwasser und anderen Gefahren künftig auch per SMS gewarnt werden.
Armin Schuster ist der Präsident des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK). Er habe zur Warnung per Cell Broadcasting bereits im Frühjahr eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben. Schuster gehe davon aus, dass das noch vor der Bundestagswahl erwartete Ergebnis positiv sein werde.
Künftig bessere Pegelvorhersagen
Der Deutsche Wetterdienst kündigte unterdessen an: Künftig will man noch präzisere Prognosen liefern und dabei vor allem die Pegelvorhersagen bei Sturzfluten optimieren. «Gerade für die Sturzfluten haben wir ein Projekt ziemlich weit fortgeschritten namens Sinfony.» Dies sagte der Leiter der Vorhersage- und Beratungszentrale des DWD, Franz-Josef Molé, dem WDR.
Dabei sollen in den nächsten zwei Jahren die beiden bisherigen Verfahren von aktuellen Radarmessungen und Modellvorhersagen besser aufeinander abgestimmt werden. So könnten aktuelle Starkregenvorhersagen künftig auch gut für Pegelvorhersagen der nächsten drei Stunden verwendet werden.
Auch am kommenden Wochenende könnte es nach DWD-Vorhersagen wieder Starkregen geben. Für eine genaue Einordnung der Niederschlagsschwerpunkte sei es zwar noch zu früh, hiess es in Offenbach.