Null Toleranz für Störer: Polizei will bei Krönung hart durchgreifen

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Grossbritannien,

Ein einziger Mann reichte aus, um die Millionenstadt London wenige Tage vor einem Jahrhundertereignis kurz in Aufruhr zu versetzen.

Am Buckingham-Palast in London ist es kurz vor der Krönung zu einem Zwischenfall gekommen.
Am Buckingham-Palast in London ist es kurz vor der Krönung zu einem Zwischenfall gekommen. - NKLato/Shutterstock.com

Wie aus dem Nichts warf der wohl psychisch Kranke am Dienstagabend einige Schrotpatronen über die Mauern des Buckingham-Palasts, Polizisten nahmen ihn auf der Stelle fest, seine Tasche wurde vorsorglich gesprengt.

Keine Verletzten, kein grosser Schaden, und doch – ein Schock. Eine Frage ist plötzlich sehr präsent in der britischen Hauptstadt: Wie sicher kann ein Ereignis sein, bei dem sich Hunderttausende versammeln und dazu etliche Staatsgäste auf engstem Raum sind? «Wir wollen eine Krönung liefern, die so sicher ist wie nur irgendwie möglich», sagt Ade Adelekan, der bei der Londoner Metropolitan Police für Grossevents zuständig ist. «Wir haben eine sehr niedrige Toleranzschwelle für alle, die die Abläufe stören wollen.»

Auf grossen Bildschirmen im «Operations Room» der polizeilichen Einsatzzentrale wechseln sich Szenen des Metropolenlebens ab: der Parliament Square von oben, rote Doppeldecker, die an trubeligen Strassenkreuzungen abbiegen, Menschen, die auf der Millennium Bridge die Themse überqueren. An grossen Schreibtischen sitzen Polizistinnen und Polizisten mit Headsets und versuchen, den Überblick zu behalten. Schilder mit der Aufschrift «Operation Golden Orb» – die interne Bezeichnung für den Krönungseinsatz – sind an vielen Tischgruppen angebracht.

Von hier aus könne man auf jede Überwachungskamera Londons zugreifen, erklärt ein Mitarbeiter – nicht nur auf öffentliche, sondern auch auf mobile Überwachungskameras sowie solche in Bussen oder Betrieben. Hier laufen alle Fäden zusammen, wenn am Samstag mehr als 11 500 Polizisten rund um Palast, Westminster Abbey und entlang der Route für Sicherheit sorgen sollen. Über die gesamte Krönungswoche hinweg sind ganze 29 000 Kräfte im Einsatz, schon in den Tagen vor der Zeremonie sind die «Bobbys» in grosser Anzahl im Stadtbild nicht zu übersehen.

«Es wird eine der grössten Sicherheitsoperationen, die die Met in ihrer jüngeren Geschichte erlebt hat», hält Kommissar Adelekan fest. Nicht nur die Zeremonie und folgende Prozession müssen abgesichert werden: Allein in London sind laut Polizei über das Wochenende hinweg mehr als 1800 Feiern angemeldet.

Pünktlich zum Grossereignis hat die konservative britische Regierung der Polizei sogar noch grössere Befugnisse verschafft, um härter gegen Demonstranten durchzugreifen. Diese dürfen nun Menschen festnehmen, die sich an etwas oder aneinander festketten. Für Strassenblockaden droht nun bis zu ein Jahr Haft. «Wir begrüssen das», sagt Adelekan. Wo genau jedoch die Schwelle zwischen legitimem Protest und Störung der Krönung verläuft, will der Kommissar nicht genauer definieren.

«Proteste sind diesmal die grösste Sorge», sagte Royal-Experte Craig Prescott von der walisischen Universität Bangor im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. Bei Protesten von Gruppen wie Just Stop Oil – die britische Variante der Letzten Generation – habe die Polizei immer wieder Probleme gehabt, Blockaden aufzulösen und gleichzeitig die Demonstrationsfreiheit zu schützen.

Dem «Guardian» zufolge sollen Protestgruppen bereits vorab Warnbriefe erhalten, in denen das härtere Durchgreifen erwähnt worden sein soll. Auch vorsorgliche Festnahmen von Personen, die kriminelle Handlungen planen, will Kommissar Abdelekan nicht ausschliessen – genauso wie eine umstrittene Live-Gesichtserkennungstechnik, bei der gesuchte oder verdächtige Personen mit einer speziellen Software in der Menge ausgemacht werden können. Gesichter auf Filmaufnahmen werden dabei analysiert und mit polizeiinternen Systemen abgeglichen. So sollen etwa gesuchte Personen schneller und erfolgreicher gefunden werden.

«Wir ziehen das sehr stark in Erwägung», sagte Adelekan wenige Tage vor dem Grossereignis. Man wolle bis zuletzt abwägen, ob der Einsatz verhältnismässig sei. Die Organisation Big Brother Watch, die sich für Datenschutz und Privatsphäre stark macht, beschreibt die Technik als «autoritäres Werkzeug der Massenüberwachung, der die Bürger zu Personalausweisen auf zwei Beinen» mache. Die Krönung solle keine Ausrede sein, um die «diskriminierende und gefährliche Technologie» anzuwenden.

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