Opel feiert am Samstag mit Festakt und Kanzlerbesuch 125 Jahre Automobilbau und die elektrische Zukunft.
Opel-Logo
Opel feiert 125 Jahre Fahrzeugbau. - AFP/Archiv

Nach Nähmaschinen und Fahrrädern stieg Opel vor 125 Jahren in den Bau von Automobilen ein. Mit Festakt und Kanzlerbesuch sollen am (morgigen) Samstag die bewegte Firmengeschichte und die elektrische Zukunft gefeiert werden. Mittlerweile ist Opel wieder im Geschäft. Als einzige deutsche Marke im europäisch-amerikanischen Konzern Stellantis verdient die Automarke mit dem Blitz seit einigen Jahren wieder Geld – nach einer schmerzhaften Sanierungskur mit dem Abbau Tausender Stellen und deutlich eingedampften Standorten.

Seit 1899 hat Opel mehr als 75 Millionen Fahrzeuge auf die Räder gestellt. Die Entscheidung für den Automobilbau fiel kurz nach dem Tod des Firmengründers Adam von Opel, der die Fabrik am Main mit Nähmaschinen und Fahrrädern gross gemacht hatte. Der gut ausgebildete Mitarbeiterstamm und ähnliche Produktionsweisen waren die Grundvoraussetzungen für den Aufstieg zum grössten deutschen Autohersteller in den 1920er-Jahren, bevor Adams Nachkommen das Unternehmen an den US-Konzern General Motors verkauften.

Im Zweiten Weltkrieg auf Kriegsproduktion umgestellt

Der 1899 aus Dessau übernommene Patentmotorwagen des Autopioniers Friedrich Lutzmann erwies sich schnell als technisch unterlegen. Bis 1901 wurden lediglich 65 Wagen hergestellt, die noch stark an Pferdekutschen erinnerten. Erst in der Kooperation mit dem französischen Hersteller Darracq gelang der Einstieg in das neue Technologie-Zeitalter. Der sogenannte Doktorwagen 4/8 PS und erst recht der seit 1924 am Fliessband hergestellte «Laubfrosch» waren Erfolgsmodelle aus Rüsselsheim.

Die Machtübernahme durch das NS-Regime änderte zunächst nichts an dem Engagement der 1929 eingestiegenen Amerikaner. Opel wurde mit dem P4, dem Lastwagen Blitz und dem Olympia mit selbsttragender Stahlkarosserie zum grössten Autohersteller Europas. Im Zweiten Weltkrieg stellte der NS-Staat die Werke komplett auf Kriegsproduktion um, auch Tausende Zwangsarbeiter wurden eingesetzt. Der US-Konzern General Motors (GM) wurde während des Kriegs zwar kaltgestellt, beanspruchte aber später Gewinnanteile aus der Nazizeit.

1990 mehr als 57'000 Mitarbeitende

Im westdeutschen Wirtschaftswunder stieg Opel zum zwischenzeitlichen Marktführer und wichtigsten Kontrahenten des VW-Konzerns auf. Rekord, Kapitän und der kompakte Kadett aus Bochum waren Bestseller. Später trugen auch der Kleinwagen Corsa und der Sportwagen Manta zum Erfolg der Marke mit dem Blitz bei.

Der Abstieg setzte Ende der 80er-Jahre mit dem «Lopez-Effekt» ein. Benannt nach dem Manager José Ignacio López, der Zulieferer ohne Rücksicht auf die Qualität im Preis drückte. Die Opel-Modelle verloren endgültig ihren Zuverlässigkeits-Nimbus, die aus Detroit entsandten Manager wechselten in immer kürzeren Abständen.

GM versuchte, Opel mit Massenentlassungen gesundzuschrumpfen. Noch 1990 waren bei Opel mehr als 57'000 Menschen beschäftigt. Unter anderem wurde dann das Kadett/Astra-Werk in Bochum dichtgemacht.

Zugehörigkeit zum Stellantis-Konzern bedeutet Sicherheit

Nach 20 verlustreichen Jahren in Folge übernahm im Sommer 2017 die Peugeot-Mutter PSA von GM den Opel/Vauxhall-Produktionsverbund mit Werken unter anderem in Grossbritannien, Polen, Spanien und Deutschland. «Opel hat sich seit den 1990er-Jahren zu einer Verlierermarke entwickelt und war fast klinisch tot», beschreibt Auto-Experte Stefan Bratzel die Lage. Die zu aufwendig geplanten und zu teuer produzierten GM-Modelle flogen nacheinander aus dem Portfolio. Seit 2022 läuft jeder Opel allein mit der Technik des neuen Mutterkonzerns, der mit Fiat-Chrysler zu Stellantis fusionierte.

Auch nach der Übernahme durch PSA wurden Tausende Jobs abgebaut. Laut IG Metall hat sich die Zahl der Beschäftigten seit 2017 an den verbliebenen Standorten geradezu halbiert. «Opel ist und bleibt eine von vielen Marken im Stellantis-Konzern. Als eigenständiger Autohersteller hätten sie nicht überleben können», sagt Branchenexperte Ferdinand Dudenhöffer.

Für Opel bedeute die Zugehörigkeit zum Stellantis-Konzern relative Sicherheit und Anschluss an moderne Technologien. «Sie können so zeitgemässe Autos anbieten.» Sein Kollege Bratzel spricht bei der Übernahme durch PSA von einem «Glücksfall» für Opel. Wenn es gelinge, die Modellentwicklung auf Basis der Stellantis-Plattformen mit attraktivem Design zu verbinden, habe Opel im Zuge der Elektromobilität gute Überlebenschancen.

670'000 Fahrzeuge weltweit verkauft

Zum Jubiläum verweist Opel-Chef Florian Hüttl darauf, dass in jeder Fahrzeugreihe mindestens ein rein elektrisches Modell angeboten werde. Mit einem Absatzplus von 15 Prozent ist Opel 2023 so stark gewachsen wie seit 20 Jahren nicht mehr. Weltweit konnten die Verkäufe auf rund 670'000 Fahrzeuge gesteigert werden, die höchste Zulassungszahl seit vier Jahren.

Zum Festakt kündigt Huettl einen noch entschiedeneren Kurs hin zur Elektromobilität an. «Ab 2025 wird jedes neue Opel-Modell rein batterieelektrisch sein.» Dudenhöffer sieht die Opel-Zukunft etwas problematischer.

«Stellantis hat langfristig das Problem, dass sie auf dem chinesischen Markt keine Rolle spielen.» Schon 2030 würden die dortigen Stückzahlen die zusammengefassten Märkte der USA und Europa übertreffen. «Wer nicht in China ist, ist eigentlich nicht im Autogeschäft.» Stellantis hat sich daher beim chinesischen Autobauer Leapmotor eingekauft, der schnell billige E-Modelle ins Konzern-Portfolio bringen kann.

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

E-MobilitätGeneral MotorsPeugeotOlympia 2022MutterAstraStaatFiatJobsTodGMVolkswagenOpel