Outing: 185 SchauspielerInnen stehen offen zur ihrer Sexualität

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Deutschland,

Das Outing ist ein grosser Schritt für die LGBTQ-Community. Zahlreiche Schauspieler und Schauspielerinnen outen sich im «Süddeutsche Zeitung Magazin».

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Der Schauspieler Godehard Giese (obere Reihe, links nach rechts), Ulrich Matthes, Präsident der Deutschen Filmakademie, und Schauspieler Mark Waschke. Die Schauspielerin Ulrike Folkerts (untere Reihe, links nach rechts), die Schauspielerin Karin Hanczewski und die Schauspielerin Maren Kroymann. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • 185 Schauspieler und Schauspielerinnen outen sich im «Süddeutsche Zeitung Magazin».
  • Für die queere Community könnte es ein Durchbruch im Kampf um Anerkennung sein.
  • In der Kampagne mit dem Namen #actout erzählen sie ihre Geschichte.

Sie wurde nicht als Mutter gecastet, weil sie lesbisch ist. Wie «Tatort»-Star Ulrike Folkerts geht es vielen Homosexuellen. Zwar zeigt sich die Branche mittlerweile sensibler, doch viele Künstler und Künstlerinnen wagten kein Coming-out. Bis jetzt.

Es ist ein beispielloser Aufschrei, der das Zeug zum Donnerhall hat. «Wir sind schon da», schallt es vom Cover des «Süddeutsche Zeitung Magazin».

Outing: 185 Schauspieler und Schauspielerinnen stehen zu ihrer Sexualität

«Wir», das sind 185 Schauspielerinnen und Schauspieler, die sich als schwul, lesbisch, bisexuell, queer, nicht-binär und trans outen. Der Titel hat das Zeug, Geschichte zu schreiben. Er erinnert optisch an den «Stern»-Titel mit den Fotos Dutzender Frauen und dem berühmten Zitat «Wir haben abgetrieben».

Für die queere Community könnte es ein Durchbruch sein im Kampf um Anerkennung und Gleichberechtigung. Alle Unterzeichnerinnen und Unterzeichner von #actout, wie sie ihre Kampagne nennen, können eine Geschichte erzählen. Eine Geschichte über offene oder zumindest versteckte Homophobie.

«Karo-Hemden entsprechen einem Homophoben Stereotyp»

«Ich solle im Tatort nicht zu viele Karo-Hemden tragen», erzählt TV-Kommissarin Karin Hanczewski im Interview mit dem «SZ Magazin». Das entspricht dem homophoben Stereotyp einer lesbischen Frau, wie ihre Kollegin Eva Meckbach erklärt.

Karin Hanczewski
Die Schauspielerin Karin Hanczewski, aufgenommen am Rande eines Fototermins zum MDR-Tatort «Das Nest». - Keystone

Mehmet Atesci, Mitglied des Wiener Burgtheaters und Gast am Berliner Gorki-Theater, berichtet: «Ich hatte sogar mal eine längere Affäre mit einem heute sehr bekannten Schauspieler. Die Person hat im Moment, wo eine dritte Person dazukam, angefangen begehrend über Frauen zu reden. Nur damit man bloss nicht gesehen wird oder in die Richtung rutscht.»

Homosexuellen werden heterosexuelle Rollen nicht zugetraut

Homosexuellen Darstellern und Darstellerinnen werde oft nicht zugetraut, heterosexuelle Rollen authentisch zu spielen. Dies berichtet Markus Ulrich, Sprecher des Lesben- und Schwulenverbands in Deutschland (LSVD), der dpa.

Das hat auch Ulrike Folkerts erlebt, bekannt vor allem aus dem Ludwigshafener «Tatort». Der Deutschen Presse-Agentur berichtet sie: «Ich wurde für eine Mutterrolle gecastet, aber als die Regisseurin erfuhr, dass ich lesbisch bin, hat sie mir abgesagt. Das ist Diskriminierung. Natürlich kann ich eine Mutter spielen.»

Ulrike Folkerts
Die Schauspielerin und «Tatort»-Kommissarin Ulrike Folkerts ist Teil des grossen Outing. - Keystone

Der Druck ist gross

Oft ist der Druck von aussen gross. Selbst Agenten und Agentinnen rieten queeren Menschen, sich lieber nicht öffentlich zu outen. Dies nur aus Angst, keine Hetero-Rollen mehr angeboten zu bekommen, erzählt Jenny Luca Renner, LGBT-Vertreterin im ZDF-Fernsehrat, der dpa. Auch deshalb haben einige Darstellerinnen und Darsteller abgelehnt, bei #actout mitzumachen, zumindest fürs Erste.

So sind es vorerst 185 Menschen, die eine Debatte anstossen. Es wird immer angenommen, man gehöre zur Norm», erzählt Godehard Giese («Babylon Berlin»). Dabei seien sie «mit unserer sexuellen Identität in der Öffentlichkeit nicht sichtbar». Von vielen ist bekannt, dass sie lesbisch, schwul, trans oder bi sind.

Andere outen sich zum ersten Mal. «Wir sind Schauspieler*innen. Wir müssen nicht sein, was wir spielen. Wir spielen, als wären wir es - das ist unser Beruf», betonen sie in ihrem Manifest.

Gemeinsames Outing half vor der Karriereknick-Angst

Das gemeinsame Outing hat manchem geholfen, die Angst vor dem Karriereknick zu überwinden. «Die Kraft und den Schutz der Masse genutzt. Grossartig», kommentiert ZDF-Fernsehrätin Renner.

Doch bis zur völligen Akzeptanz ist es noch ein weiter Weg. Schauspieler André Eisermann betont, ein Teil der Gesellschaft habe noch immer ein Problem damit, wenn Menschen zu ihrer Homosexualität stehen. «Solange es solche Menschen gibt - wird es nicht gleichgültig sein, ob jemand schwul oder lesbisch ist», sagt er.

André Eisermann
Der Schauspieler André Eisermann. - Keystone

TV-Kommissarin Folkerts beklagt eine falsche Toleranz. Heterosexuelle erhielten Preise für die Darstellung von Homosexuellen. «Da heisst es dann: Wie mutig!»

«Und dass der oder die sich das traut», sagt sie. «Ich bin ja auch nicht Polizistin, spiele aber eine Kommissarin.» Auch deshalb nehmen Forderungen zu, dass queere Rollen nur von queeren Menschen gespielt werden sollten.

Homosexuelle Rollen besetzt von Homosexuellen

Zuletzt betonte der britische Autor Russell T. Davies («Queer as Folk», «Years and Years»), er besetze Homosexuelle nur noch mit Homosexuellen.

Es gehe um Authentizität, sagte Davies. Folkerts sagt, sie sei zwar anderer Meinung, könne aber diese Haltung nachvollziehen. «Das spricht für eine Sensibilisierung allen LGBTI-Menschen gegenüber.» LGBTI steht für Lesbisch, Schwul, Bisexuell, Trans* und Inter*.

Neue Vielfaltskriterien in der Sparte «Bester Film»

In Hollywood bahnt sich nach jahrelanger Kritik über Mangel an Diversität und Inklusion ein langsamer Wandel an. So gab die Oscar-Akademie neue Standards bekannt, nach denen Bewerber in der Sparte «Bester Film» künftig Vielfaltskriterien erfüllen müssen. Das reicht von Diversitätsquoten für die Rollenbesetzung bis zu LGBT-Inhalten.

Hollywood-Star Scarlett Johansson war 2018 nach langer Kontroverse von dem Film «Rub & Tug» abgesprungen. In dem Biopic sollte sie den Transmann Dante Gill spielen. Dem Magazin «Out» teilte Johansson damals mit, ihr Casting in dieser Rolle sei «unsensibel» gewesen sei.

Scarlett Johansson
Der Hollywood-Star Scarlett Johansson bei den Bafta Film Awards. - Keystone

Kürzlich blickte Oscar-Preisträgerin Julianne Moore selbstkritisch auf ihr Casting mit Annette Bening. Sie spielte mit ihr ein Lesben-Paar in der Familienkomödie «The Kids Are All Right» (2010). «Alle Hauptakteure waren heterosexuell», sagte sie reumütig dem Filmblatt «Variety».

Heute verfährt man anders. Zahlreiche Kollegen sprachen etwa ihre Unterstützung aus, als «Juno»-Star Elliot Page im Dezember sein Trans-Coming-out in den sozialen Medien verkündete. An seiner Rolle in der Netflix-Serie «The Umbrella Academy» über eine Gruppe von Superhelden hat sich nichts geändert. Darin spielt der Kanadier die weibliche Figur Vanya.

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