Parlamentswahl in Irland: Sinn Fein sucht Koalitionspartner

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Irland,

Die linksgerichtete Partei Sinn Fein feiert bei der Wahl in Irland einen beispiellosen Erfolg, mit dem sie selbst nicht gerechnet hatte. Das Ergebnis wird als historischer Umbruch im politischen Gefüge des Landes gewertet. Die Regierungsbildung dürfte aber schwierig werden.

Donnchadh O Laoghaire (M), Abgeordneter der linksgerichteten Partei Sinn Fein, hat bei der Auszählung der Stimmen allen Grund zur Freude. Foto: Yui Mok/PA Wire/dpa
Donnchadh O Laoghaire (M), Abgeordneter der linksgerichteten Partei Sinn Fein, hat bei der Auszählung der Stimmen allen Grund zur Freude. Foto: Yui Mok/PA Wire/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Sensation ist perfekt: Die linksgerichtete Partei Sinn Fein hat bei der Wahl in Irland die etablierten bürgerlichen Parteien Fianna Fail und Fine Gael überflügelt.

Der Auszählung der ersten Präferenzen der Wähler am Sonntagabend zufolge schnitt Sinn Fein besser ab als alle anderen Parteien.

Stärkste Kraft im Parlament dürfte die Partei, die früher als politischer Arm der Untergrundorganisation IRA (Irisch-Republikanische Armee) galt, aber trotzdem nicht werden. Dafür stellte sie zu wenige Kandidaten auf. Sie war selbst von ihrem Erfolg überrascht. Bei dem komplizierten Wahlsystem in Irland hat jeder Wähler zwar nur eine Stimme, kann aber mehrere Präferenzen angeben, die nacheinander ausgezählt werden.

Der Wahlerfolg von Sinn Fein wurde von Beobachtern bereits mit einem politischen Orkan verglichen, der ähnlich wie das Sturmtief «Ciara» (in Deutschland «Sabine» genannt) am Wochenende über Irland hinwegfegte. Bislang wurde die Politik des Landes seit der vollständigen Unabhängigkeit von Grossbritannien stets von Fine Gael und Fianna Fail dominiert. Nun betritt eine dritte ernstzunehmende politische Kraft die Bühne. Die Regierungsbildung dürfte schwierig werden.

Sollte es wider Erwarten zu einer Regierungsbeteiligung der bisher lange geächteten Sinn Fein kommen, dürfte die Forderung nach einem baldigen Referendum über die irische Wiedervereinigung in Dublin zur offiziellen Regierungslinie werden. Das würde auch die Brüsseler Verhandlungen mit Grossbritannien über die künftigen Beziehungen nach dem Ende der Brexit-Übergangszeit zum Jahresende betreffen.

Der EU-Austritt Grossbritanniens hatte allerdings bei der Wahl so gut wie keine Rolle gespielt. Nur ein Prozent der Wähler gab bei einer Nachwahlbefragung an, der Brexit sei das wichtigste Thema gewesen. Weitaus bedeutender waren für die Wähler die Themen Gesundheit, Wohnen und Rente.

Für Premierminister Leo Varadkar verlief der Wahltag am Samstag enttäuschend. Dass er im Amt bleiben kann, galt als unwahrscheinlich. Er führt mit Fine Gael eine Minderheitsregierung an, die von Fianna Fail mit dem Oppositionschef Micheál Martin an der Spitze toleriert wird. Doch ob diese Zusammenarbeit fortgesetzt werden kann, möglicherweise auch unter umgekehrten Vorzeichen, war in der Nacht zu Montag völlig ungewiss.

Sinn-Fein-Präsidentin Mary Lou McDonald kündigte an, mit den kleineren Parteien Gespräche über eine mögliche Regierungsbildung aufzunehmen. «Ich möchte, dass wir idealerweise eine Regierung ohne Fianna Fail oder Fine Gael haben», so McDonald. Doch ob es dafür selbst mit Unterstützung aller kleineren Parteien und unabhängigen Abgeordneten reichen würde, war nicht klar.

McDonald schloss aber auch Gespräche mit den beiden grossen Parteien nicht aus. Die 50-Jährige, die als Mitglied des Europäischen Parlaments internationale Erfahrung gesammelt hatte, ist seit zwei Jahren als Nachfolgerin von Gerry Adams Chefin der Partei. Sinn Fein fordert eine Wiedervereinigung des britischen Landesteils Nordirland mit der zur Europäischen Union zählenden Republik Irland. Als einzige Partei tritt sie bei Wahlen in beiden Teilen Irlands an.

Beide bürgerliche Parteien hatten vor der Wahl eine Koalition mit Sinn Fein ausgeschlossen. Während Varadkar auch nach dem Urnengang bei seiner harten Haltung blieb, zeigte sich Fianna-Fail-Chef Martin flexibler. Es gebe für eine Zusammenarbeit aber noch «erhebliche Unvereinbarkeiten», sagte er am Sonntagabend.

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