Pélicots Verteidigerin: «Ich bin die Anwältin des Teufels geworden»
Der Prozess in Avignon geht in die Endphase. Die Anwältin des Angeklagten, der seine Frau betäubt und zur Vergewaltigung angeboten hatte, hielt ihr Plädoyer.
Das Wichtigste in Kürze
- Im Vergewaltigungs-Prozess in Avignon halten die Anwälte ihre Schlussplädoyers.
- Die Verteidigerin von Dominique Pélicot gibt dabei Einblicke in ihre Gemütsverfassung.
- Die Arbeit der Anwältin wird von Beobachtern und Medien wohlwollend eingeschätzt.
Béatrice Zavarro hat den derzeit wohl unbeliebtesten Job in ganz Frankreich. Sie ist die Anwältin von Dominique Pélicot. Dem Mann, der seine Frau Gisèle betäubt und über 70 Männern zur Vergewaltigung angeboten hatte.
«Ich bin unfreiwillig zur Anwältin des Teufels geworden», sagte Zavarro zum Auftakt ihres Schlussplädoyers am Mittwoch. Ihr Mandant hätte im Gefängnis viel Gutes von ihr gehört. Daher habe er im Jahr 2021 sie als seine Verteidigerin ausgewählt.
Viele Treffen mit Pélicot
Der Angeklagte und Zavarro hatten sich in den letzten drei Jahren über 100 Mal getroffen und über Pélicots Taten gesprochen. «Diese Beziehung hat in mir eine extreme Einsamkeit ausgelöst», sagt die Anwältin in ihrem Plädoyer.
Wie verteidigt man nun ein solches Monster? Zavarro tat es während der dreimonatigen Verhandlung mit viel professioneller Würde.
Sie gewann damit den Respekt der Anwälte von Gisèle Pélicot und auch jenen der Opferfamilie selbst. Auch die Medien, denen sie sich stets offen stellte, sind Zavarro wohlgesinnt.
Im Plädoyer rückte Zavarro den wenig erbaulichen Lebenslauf von Pélicot ins Zentrum. Die Kindheit mit einem inzestuösen Vater. Eine Vergewaltigung durch einen Krankenpfleger, als Pélicot neun Jahre alt war. Der Zwang, mit 14 Jahren bei einer Massenvergewaltigung auf einer Baustelle mitzumachen.
Fokus voll auf die Mitangeklagten
Danach fokussierte sich Zavarro auf die Mitangeklagten. Auf die rund 70 Männer, die Pélicots abartige Fantasien in letzter Konsequenz umgesetzt hatten.
Die Mehrzahl dieser Männer behaupten im Prozess, sie seien von Dominique Pélicot manipuliert worden. Die Vergewaltigung von Gisèle sei keine Absicht gewesen.
«War Pélicot bedrohlich? Nein. Gewaltvoll? Nein. Beleidigend? Nein. War die Tür abgeschlossen? Nein», führte die Anwältin von Dominique Pélicot aus.
Zwei Männer hatten ausgesagt, mit Pélicot zwar in Kontakt gestanden, seinen Vorschlag zur Vergewaltigung aber abgelehnt zu haben: Zavarro: «Wenn er so manipulativ wäre, hätten diese zwei wie die anderen nicht widerstehen können.»
Am Ende ihres Plädoyers wendet sich Zavarro an die drei Kinder der Pélicots, zwei Söhne und eine Tochter. «Behaltet den ersten Dominique im Geist», sagte sie. «Den, der euch liebevoll umsorgt hat, den, der euch, wie ich denke, immer sehr geliebt hat.»
Vier bis 20 Jahre Haft gefordert
Und fügt hinzu, dass Dominique Pélicot bei einem ihrer Treffen diesen Satz sagte: «Ich bin ganz tief in mich gegangen und habe gesehen, dass da niemand war.»
Die Staatsanwaltschaft hatte 20 Jahre Haft für Pélicot gefordert, die Höchststrafe bei schwerer Vergewaltigung. Für die Mitangeklagten sind vier bis zehn Jahre Haft beantragt. Das Urteil will das Gericht kurz vor Weihnachten sprechen.