CDU: Staat braucht besseren Zugriff auf Daten im Internet
Die CDU will den Staat im Kampf gegen Extremismus besser aufstellen. Unter anderem sollen Vorratsdatenspeicherung und Online-Durchsuchungen überprüft werden. Ob die SPD das auch so sieht ist offen.
Das Wichtigste in Kürze
- Die CDU will nach dem Terroranschlag von Halle das Instrumentarium zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Antisemitismus auf den Prüfstand stellen.
«Dafür müssen wir Rechtsgrundlagen verändern oder neu schaffen», sagte CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak nach Sitzungen der Parteigremien am Montag in Berlin. «Eigentlich muss jetzt alles auf den Prüfstand gestellt werden», sagte er. Als Beispiele nannte er die Vorratsdatenspeicherung durch Polizei und Verfassungsschutz sowie Online-Durchsuchungen.
Das sieht auch ein sechsseitiges Eckpunktepapier vor, das die CDU-Führung am Montag in Reaktion auf den Anschlag beschloss. Als «Handlungsoffensive» werden darin schärfere Mittel der Strafverfolgung gefordert.
Dazu gehören eine effektivere Überwachung extremistischer Kommunikationsnetzwerke, eine verbesserte Analyse und Auswertung grosser Datenmengen (Big Data) und die Möglichkeit zur Strafverfolgung im Internet, auch wenn Geschädigte nicht selbst Anzeige erstatten.
Zudem solle der Strafrahmen erweitert werden. Ausserdem will die CDU-Spitze prüfen, Beleidigung, Verleumdung und üble Nachrede in besonders schweren Fällen zu Verbrechensbestandteile zu machen.
Gerade bei der Vorratsdatenspeicherung hatte es schon oft Streit zwischen Union und SPD gegeben, weil die Sozialdemokraten der befristeten Speicherung personenbezogener Daten eher skeptisch gegenüber steht. Ziemiak zeigte sich zuversichtlich, dass die SPD nach dem Anschlag in Halle in diesen Punkten gesprächsbereit sei.
Neben den Eckpunkten der Handlungsoffensive gegen rechtsextremistischen Terror enthält das Papier auch Eckpunkte einer sogenannten Vertrauensoffensive. Die sieht unter anderem vor, dass mehr Mittel für Programme zur Demokratieförderung des Bundes zur Verfügung gestellt werden. Schüler- und Jugendaustauschprogramme mit Israel sollen ausgebaut und finanziell gestärkt werden.
Am 9. Oktober hatte ein schwer bewaffneter Mann versucht, in die Synagoge in Halle einzudringen. Als der Täter nicht in das Gotteshaus gelangen konnte, erschoss er eine Passantin sowie einen Mann in einem nahen Dönerladen. Auf der Flucht verletzte der Attentäter zudem ein Ehepaar schwer. Der 27-jährige Deutsche gestand, den Anschlag aus antisemitischen und rechtsextremen Motiven verübt zu haben. Er sitzt in Untersuchungshaft. Er hatte seine Tat gefilmt, das Video war im Anschluss im Internet aufgetaucht.
Betreiber von Internet-Plattformen sollen nach dem Willen der CDU-Spitze verpflichtet werden, bei strafrechtlich relevanten Fällen von sich aus an die Strafverfolgungsbehörden heranzutreten. Auskunfts- und Handlungspflichten der Betreiber müssten unabhängig vom Geschäftssitz gelten, wenn Plattformen in Deutschland genutzt werden könnten.
Die CDU-Spitze will zudem die Löschfristen von Daten auffälliger Personen ausdehnen, «um zu verhindern, dass Extremisten unter dem Radar verschwinden, nur weil sie für eine gewisse Periode «unauffällig» seien. Daneben halte man eine Verlängerung der DNA-Speicherfristen über zehn Jahre hinaus für notwendig, damit Spuren zur Aufklärung schwerer Straftaten nicht verloren gingen.
Thüringens CDU-Chef Mike Mohring sagte, das Papier sei wichtig, zumal es Bund und Ländern aufgebe, den Verfassungsschutz besser auszustatten und nicht den Gefährdern hinterherzurennen. Er sagte allerdings auch: «Wir regieren ja schon eine ganze Weile, und man hätte die Dinge auch vor den Ereignissen alle machen können.» Er fügte hinzu: «Ich glaube, die CDU ist gut beraten, wenn sie Politik aus fester Überzeugung macht, und nicht so sprunghaft reagiert auf die Dinge, die jeweils anstehen.»
Generalsekretär Ziemiak sagte bei der Vorstellung des Papiers, manche Mitglieder der AfD würden ein Klima das Hasses, des Menschenhasses säen. «Das ist im negativen Sinne einzigartig.» Auch andere Unionspolitiker hatten sich in den vergangenen Tagen so geäussert, darunter Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) und Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU).
Der SPD-Innenpolitiker Uli Grötsch hatte zuvor betont, dass der «Spagat zwischen Freiheit und Sicherheit gelingen muss». Er halte es aber beispielsweise für sinnvoll, dass ein Provider zuständig ist für das, was sich auf seiner Seite «tummelt».