Populist liegt in Umfragen vorne
Wohin steuert Tschechien? Umfragen sehen den Multimilliardär und Populisten Andrej Babis vorn. Nun entscheiden die mehr als acht Millionen Wählerinnen und Wähler.
Das Wichtigste in Kürze
- Andrej Babis profilierte sich im Wahlkampf in Tschechien als Flüchtlingsgegner und Euroskeptiker.
- Die ersten Teilergebnisse werden am Samstagnachmittag erwartet.
In Tschechien hat am Freitag die zweitägige Parlamentswahl begonnen. Klarer Favorit in allen Umfragen ist der Multimilliardär und Medienunternehmer Andrej Babis mit seiner Protestbewegung ANO («Ja»). Der 63-Jährige, gegen den die Polizei wegen EU-Subventionsbetrugs ermittelt, profilierte sich im Wahlkampf als Flüchtlingsgegner und Euroskeptiker. Babis will «den Staat wie eine Firma lenken» und wird in den Medien deshalb auch «der tschechische Donald Trump» genannt oder mit dem Italiener Silvio Berlusconi verglichen.
«Wir wollen das korrupte Klientelsystem besiegen», sagte Babis bei der Stimmabgabe im Prager Vorort Pruhonice dem tschechischen Fernsehen. Er sei für die Einführung des Mehrheitswahlrechts, denn Koalitionen seien «überall in Europa ein Problem». Miroslav Kalousek von der konservativen Oppositionspartei TOP09 schloss eine Zusammenarbeit mit der ANO aus, die er eine «extremistische Bewegung» nannte. Derzeit regiert in Tschechien ein Mitte-Links-Bündnis aus Sozialdemokraten (CSSD), ANO-Partei und Christdemokraten (KDU-CSL).
Ergebnisse werden am Samstag erwartet
Ex-Präsident Vaclav Klaus warnte nach einem seiner Ansicht nach «laschen Wahlkampf» vor einer niedrigen Beteiligung. Die rund 8,4 Millionen Wahlberechtigten können ihre Stimme auch noch am Samstag von 8 Uhr bis 14 Uhr abgeben. Mit ersten verlässlichen Teilergebnissen wird im Laufe des Samstagnachmittags gerechnet. Hochrechnungen gibt es nicht. Um die 200 Sitze im Abgeordnetenhaus, der wichtigeren der beiden Parlamentskammern, bewerben sich rund 7500 Kandidaten und die Rekordzahl von 31 Parteien.
Kritiker des Populisten Babis warnen vor einer Vertiefung des Grabens zwischen dem Westen und dem Osten der EU. Der ANO-Gründer nannte den österreichischen Wahlsieger Sebastian Kurz in einer Fernsehdebatte einen «weiteren Verbündeten» im Kampf gegen die EU-Flüchtlingspolitik. Unterdessen kündigte der tschechische Präsident Milos Zeman an, bis zur Eröffnung des neuen Parlaments nach der Wahl die maximale Frist von 30 Tagen zu nutzen. Damit wolle er den Parteien Zeit für etwaige Bündnisverhandlungen geben.