Regierungskrise in Nordirland soll nach zwei Jahren enden

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Grossbritannien,

Seit fast zwei Jahren gibt es in Nordirland keine funktionierende Regierung. Bisher boykottierte eine Partei die Zusammenarbeit – das soll sich nun ändern.

Jeffrey Donaldson
DUP-Parteichef Jeffrey Donaldson gibt eine Pressekonferenz. - Peter Morrison/AP

Der Paukenschlag kam spät. Es war schon tiefe Nacht in Belfast, als Jeffrey Donaldson vor die Fernsehkameras trat. Seine Democratic Unionist Party (DUP) werde in die Regionalregierung von Nordirland zurückkehren, sagte Donaldson in die Mikrofone.

Seit fast genau zwei Jahren boykottiert die protestantisch geprägte Partei, die für die politische Union mit Grossbritannien eintritt, eine Regierungsbildung in Belfast. Der aufsehenerregende Schritt nährt nun Hoffnung auf mehr Stabilität in der früheren Bürgerkriegsregion – doch zahlreiche Fragen bleiben, und gleichzeitig droht vor allem dem Lager der Loyalisten eine Zerreissprobe.

Nordirland, wie war das noch einmal?

Nordirland gehört zum Vereinigten Königreich – daran halten die unionistischen, meist protestantischen Kräfte fest, deren wichtigste Partei die DUP ist. Die Region hat einen langen Bürgerkrieg – auch «The Troubles» genannt – hinter sich. Dieser wirkt bis heute nach. Beendet wurde der Konflikt 1998 mit dem Karfreitagsabkommen.

Der Vertrag sieht vor, dass die grössten Parteien der beiden konfessionellen Lager eine Einheitsregierung bilden müssen. Bei der jüngsten Parlamentswahl im Mai 2022 wurde erstmals mit Sinn Fein eine katholische Partei, die eine Wiedervereinigung mit Irland anstrebt, stärkste Kraft.

Der Partei steht damit der Posten des Regierungschefs zu, für die DUP bliebe der – gleichberechtigte – Vizeposten. Doch die DUP boykottierte bisher die Zusammenarbeit mit Sinn Fein und machte ein Ende aller Warenkontrollen zwischen Nordirland und Grossbritannien zur Bedingung für ihre Regierungsbeteiligung.

Zollgrenze nach dem Brexit

Auf diese Kontrollen hatte sich die konservative Zentralregierung in London mit der EU nach dem Brexit geeinigt. Ansonsten wäre eine «harte Grenze» zwischen Nordirland und dem EU-Mitglied Irland entstanden. Der britische Ex-Premierminister Tony Blair bezeichnete den Brexit einmal als grösste unmittelbare Herausforderung für den Friedensprozess. Die Sorge: Kontrollposten könnten zum Ziel neuer Anschläge werden.

Das «Nordirland-Protokoll» sieht deswegen vor, dass die Zollgrenze zwischen Grossbritannien und der EU in der Irischen See verläuft. Nordirland gehört deshalb de facto noch immer zur EU-Zollunion. Doch die Regelung brachte auch Schwierigkeiten mit sich, beispielsweise beim Versenden von Päckchen, Medikamenten und dem Mitbringen von Haustieren von Grossbritannien nach Nordirland.

Schliesslich einigten sich Brüssel und London auf das sogenannte Windsor-Abkommen, das Abhilfe schaffen sollte. Der DUP ging das aber nicht weit genug, sie forderte ultimativ ein Ende aller innerstaatlichen Kontrollen. Sie befürchtet, dass die Kontrollen sonst dazu beitragen, dass eine Wiedervereinigung mit Irland wahrscheinlicher wird.

Was hat London der DUP versprochen?

Die Londoner Zentralregierung versucht seit einer Weile, die Regionalregierung in Nordirland wieder in Gang zu setzen. Welche Zugeständnisse sie nun machte, ist bisher unklar. Der britische Nordirland-Minister Chris Heaton-Harris weigerte sich, Details zu nennen. Gerüchteweise geht es nicht nur um Milliarden Pfund für Löhne, sondern auch darum, dass tatsächlich alle innerbritischen Kontrollen entfallen.

«Ich kann mir nicht vorstellen, wie das ohne Nachverhandlungen mit der EU möglich sein soll», sagte Katy Hayward von der Queen's University Belfast der Deutschen Presse-Agentur. Ein Sprecher der EU-Kommission begrüsste die angekündigte Wiederherstellung der politischen Institutionen. Man werde sich aber erst zu Inhalten äussern, wenn diese bekannt werden.

Dem loyalistischen Lager droht der Bruch

Die britische Regierung, Sinn Fein und fast alle anderen Parteien in Nordirland begrüssten die DUP-Zusage. Eine Einigung habe nun Momentum, sagte Hayward. Zugleich warnte die Politologin vor einem Bruch des loyalistischen Lagers. Ein erheblicher Teil der DUP-Wähler seien enttäuscht, dass die Partei plötzlich doch eingeschwenkt sei, sagte sie. Diese Leute fühlten sich nun ernüchtert und nicht mehr vertreten. Radikale Stimmen könnten nun lauter werden.

Donaldson spricht von Bedrohungen

DUP-Chef Donaldson sah sich nicht nur dem Druck anderer Parteien und Londons ausgesetzt, eine Einigung zu finden. Sondern er wurde im Gegenzug von radikaleren Kräften bedroht, weil er überhaupt zu Verhandlungen bereit war, wie die Nachrichtenagentur PA meldete. Seine Partei, hiess es, habe die Polizei eingeschaltet.

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