Expertin sieht kein Ende der Regierungskrise in Nordirland
Wenig Hoffnung auf Besserung: Nordirland kämpft mit innenpolitischen Problemen. Können Neuwahlen die Lösung sein?
Das Wichtigste in Kürze
- Eine nordirische Expertin hat kaum Hoffnungen auf ein baldiges Ende der innenpolitischen Lähmung in der britischen Provinz.
Selbst eine kaum noch zu verhindernde Neuwahl des Regionalparlaments werde das Patt nicht lösen, sagte die Politologin Katy Hayward von der Universität Belfast der Deutschen Presse-Agentur.
Umfragen zufolge würden die stärksten Parteien beider Lager - die katholisch-republikanische Sinn Fein und die protestantisch-unionistische DUP - zulegen. «Die Wahl würde nicht viel ändern, ausser dass die Parteien in der Mitte angesichts der Polarisierung zwischen Sinn Fein und der DUP unter Druck geraten», sagte Hayward. Das Grundproblem aber bleibe bestehen.
Sinn Fein will Wiedervereinigung mit Republik Irland
Mit Sinn Fein war bei der Regionalwahl im Mai erstmals eine Partei stärkste Kraft geworden, die für die Wiedervereinigung mit dem EU-Mitglied Republik Irland eintritt. Allerdings sieht das Karfreitagsabkommen von 1998, das den jahrzehntelangen Bürgerkrieg beendet hatte, vor, dass die stärksten Parteien der konfessionellen Lager eine Gemeinschaftsregierung bilden. Die DUP fordert ultimativ ein Ende des «Nordirland-Protokolls», das Grossbritannien und die EU im Zuge des Brexits ausgehandelt hatten. Die Loyalisten fürchten, das Abkommen fördere die Loslösung des Gebiets von London.
Am 28. Oktober endet eine Frist, bis zu der eine Regierung gebildet sein muss. Ansonsten kommt es zu Neuwahlen, die bereits kurz vor Weihnachten stattfinden könnten. «Es wird nicht möglich sein, dass es bis Ende Oktober eine Einigung gibt, selbst mit dem besten Willen der Welt», sagte Hayward. Vor allem die DUP zeige keine Kompromissbereitschaft. «Es ist wahrscheinlicher, dass wir eine Wahl haben werden, als dass es keine Wahl gibt», sagte die Expertin.
Hayward: Inhaltliche Probleme bleiben gleich, Ton positiver
Grossbritannien und die EU haben ihre Gespräche über das Protokoll zwar nach längerer Pause wieder aufgenommen. Die inhaltlichen Probleme blieben gleich, aber der Ton sei positiver, sagte Hayward. Vorherrschend sei das Gefühl, dass es eine Einigung geben könnte. «Aber was den Unterschied machen wird, ist die Prioritätensetzung und die Bereitschaft beider Seiten, Flexibilität zu zeigen.»
Mit dem Nordirland-Protokoll war eine harte Grenze zwischen der Provinz und der Republik Irland nach dem Brexit verhindert worden. Das hätte vermutlich neue Gewalt ausgelöst. Nordirland blieb de facto Mitglied des EU-Binnenmarkts. Allerdings entstand eine Zollgrenze zwischen dem Gebiet und dem Rest des Vereinigten Königreichs. Es kam zu Handelsproblemen etwa bei Lebensmitteln zwischen Nordirland und Grossbritannien. London droht daher damit, das völkerrechtlich bindende Abkommen aufzukündigen und plant ein entsprechendes Gesetz. Die Folge wäre vermutlich ein Handelskrieg mit der EU.