Pasta, aber zuhause - Vapianos leere Kasse
In der Krise essen alle Nudeln - allerdings nicht mehr im Restaurant, sondern zuhause. Das kann Vapiano, schon vor Corona-Zeiten angeschlagen, nun das Genick brechen - wenn der Staat sich nicht beeilt.
Das Wichtigste in Kürze
- Schon lange bevor ein Virus namens Sars-CoV-2 das öffentliche Leben zum Erliegen brachte, sah es für Vapiano alles andere als rosig aus: Die Restaurantkette musste herbe Verluste ausweisen, auch eine abgespeckte Menükarte oder neue Bestellterminals brachten nicht die erhoffte Wende.
Jetzt, wo Pizza und Pasta im Restaurant wegen zu hoher Ansteckungsgefahr kein Thema mehr ist, hat es Vapiano daher ganz schnell erwischt: In Deutschland mussten 55 Restaurants auf unbestimmte Zeit schliessen, weltweit sogar mehr als 230. Da Umsätze ausbleiben und Miete und Gehälter trotzdem gezahlt werden müssen, musste Vapiano am Freitag verkünden: Die Kasse ist leer, wir sind zahlungsunfähig.
In normalen Zeiten müsste das börsennotierte Unternehmen nun innerhalb von drei Wochen formal Insolvenz anmelden. In der Corona-Realität hofft Vapiano hingegen darauf, noch den Kopf aus der Schlinge ziehen zu können. Bereits Anfang der Wochen kündigte das Kölner Unternehmen an, Hilfe vom Staat beantragen zu wollen.
Weniger Tage später heisst es: Man werde Anträge auf Hilfsprogramme verschiedener Regierungen in Europa stellen. «Seit heute ist klar, dass Vapiano ohne sofortige staatliche Unterstützung nicht überlebensfähig sein wird und Insolvenz anmelden muss, was den Verlust von 10 000 Arbeitsplätzen weltweit zur Folge hätte», sagte Vapiano-Chefin Vanessa Hall am Freitag. Rund 3800 dieser Arbeitsplätze würden in Deutschland wegfallen. Nur wenn schnelle und ausreichende Stützen vom Staat kämen, könne eine bereits entwickelte Finanzierungslösung mit den wesentlichen Aktionären und den finanzierenden Banken auch gelingen.
Trotz entschlossener Ankündigungen der Politiker sei es bislang nicht einmal möglich, einen entsprechenden Antrag auf Staatshilfen zu stellen, monierte das Unternehmen. Die «KfW-Corona-Hilfe» zur Überbrückung von Liquiditätsengpässen sei «zum jetzigen Zeitpunkt offenbar nicht verfügbar». Mit dieser Kritik steht Vapiano nicht allein da: «Es reicht nicht, hohe Staatsbürgschaften ins Schaufenster zu stellen», beklagte auch Rainer Kirchdörfer, Vorstand der Stiftung Familienunternehmen. «Das geht nur mit Pauschalbewilligungen im Schnellverfahren.»
Die Bundesregierung hat ein unbegrenztes Kreditprogramm beschlossen, um angesichts der dramatischen wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise die Liquidität der Firmen sicherzustellen. Die staatliche Förderbank KfW bietet den Geschäftsbanken je nach Programm an, 70 bis 80 Prozent des Kreditrisikos zu übernehmen. Das soll den Finanzinstituten die Vergabe von Darlehen erleichtern.
Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) hatte zudem angekündigt, die Pflicht für Insolvenzanträge aussetzen zu wollen. «Wir wollen verhindern, dass Unternehmen nur deshalb Insolvenz anmelden müssen, weil die von der Bundesregierung beschlossenen Hilfen nicht rechtzeitig bei ihnen ankommen», so Lambrecht. Vapiano könnte nun also zum Präzedenzfall werden.
Der Corona-bedingte Stillstand ist für Vapiano nur der Stoss, der ein fragiles Kartenhaus der Finanzierung zum Einsturz bringen könnte. Schon seit längerem schreibt die Kette rote Zahlen. In den ersten drei Quartalen 2019 wies die bundesweit einzige börsennotierte Restaurantkette bereits einen Verlust von 46,1 Millionen Euro aus und damit deutlich mehr als ein Jahr zuvor (minus 29,4 Millionen Euro).
Jahrelang florierte das Geschäft der Kette, doch bei der Expansion übernahm sich das Unternehmen. Viele neue Restaurants wurden zu Verlustbringern. Hinzu kam, dass Konkurrenten wie L'Osteria stärker wurden - diese Kette setzt auf Bedienung am Tisch, bei Vapiano hingegen müssen sich die Gäste das Essen selbst am Tresen bestellen und holen. Bei L'Osteria gibt man sich aktuell noch kämpferisch: «Wir halten das durch», sagte Vorstandschef Mirko Silz der «WirtschaftsWoche». «Aber der Markt wird nach Corona sicherlich anders aussehen als zuvor.»