Russland und Ukraine werfen sich gegenseitig Angriff auf ein Gefängnis vor
Für den Angriff auf die Haftanstalt mit ukrainischen Kriegsgefangenen in der Region Donezk sei von ukrainischer Seite ein von den USA gelieferter Himars-Raketenwerfer eingesetzt worden, erklärte das russische Verteidigungsministerium in Moskau. Der ukrainische Aussenminister Dmytro Kuleba hingegen warf der russischen Armee ein «entsetzliches Kriegsverbrechen» vor.
Nach russischen Angaben waren in dem Gefängnis in Oleniwka in der von pro-russischen Separatisten kontrollierten Region ukrainische Kriegsgefangene inhaftiert, unter ihnen Mitglieder des Asow-Regiments. Das russische Staatsfernsehen zeigte Aufnahmen von verkohlten Baracken. Opfer waren nicht zu sehen.
Über die Zahl der Opfer gab es unterschiedliche Angaben. Der Anführer der pro-russischen Separatisten in Donezk, Denis Puschilin, sprach von 47 Toten. Die Verteidigungseinheiten der selbsternannten «Volksrepublik» gaben die Zahl der Todesopfer mit 53 an.
Die Ukraine wies Russland die Verantwortung zu. Die russische Armee habe die Haftanstalt bombardiert, erklärte Kuleba. Das ukrainische Militär versicherte, sich an das humanitäre Völkerrecht zu halten. Es habe «niemals zivile Infrastruktur beschossen und wird dies auch nicht tun, insbesondere nicht Orte, an denen wahrscheinlich Kriegsgefangene festgehalten werden», erklärte das Militär.
Separatistenführer Puschilin sagte im russischen Staatsfernsehen, zum Zeitpunkt des Angriffs hätten sich 193 Insassen in dem südwestlich von Donezk gelegenen Gefängnis befunden. Unter ihnen waren nach Angaben Moskaus auch Kämpfer des Asow-Regiments, die im Mai nach erbitterten Gefechten um das Asow-Stahlwerk in der Hafenstadt Mariupol in russische Kriegsgefangenschaft geraten waren.
Das Asow-Regiment ist eine ehemals rechtsextreme Einheit, die inzwischen in die ukrainische Nationalgarde integriert wurde. Russland betrachtet das Regiment als neonazistische Organisation.
Das russische Verteidigungsministerium nannte den Angriff auf das Gefängnis in Oleniwka eine «skandalöse Provokation», die darauf abziele, den ukrainischen Soldaten Angst zu machen und sie davon abzuhalten, sich zu ergeben.
Nach den wochenlangen Kämpfen in Mariupol waren insgesamt rund 2500 ukrainische Soldaten in russische Gefangenschaft geraten. Ihnen drohen Prozesse wegen angeblicher Kriegsverbrechen. Mariupol war durch die russischen Angriffe weitgehend zerstört worden. Tausende Zivilisten wurden getötet. Im Moment versucht die russische Armee, die Ost-Ukraine komplett einzunehmen, darunter auch die Region Donezk.