Das Ruhrgebiet und die Braunkohlefelder im Rheinland werden RWE zu klein. Nach dem Deal mit dem alten Rivalen Eon will der Energiekonzern weltweit wachsen. Beim Kohleausstieg ist ihm die Politik in Berlin zu langsam.
RWE will künftig pro Jahr 1,5 Milliarden Euro in den Ausbau der erneuerbaren Energien investieren. Foto: Marcel Kusch
RWE will künftig pro Jahr 1,5 Milliarden Euro in den Ausbau der erneuerbaren Energien investieren. Foto: Marcel Kusch - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Der Essener Energiekonzern RWE will als Produzent von grünem Strom künftig grösser denken als bisher.
Ad

«Wir wollen die Energiewende voranbringen. Dabei orientieren wir uns nicht an Landesgrenzen», sagte Vorstandschef Rolf Martin Schmitz bei der Präsentation zur Neuaufstellung des Konzerns am Montag in Essen. Als internationales Unternehmen müsse sich RWE im globalen Wettbewerb behaupten.

In Deutschland sieht Schmitz derzeit nur geringe Investitionsmöglichkeiten beim Ökostrom. «Im Moment ist das Umfeld schwierig.» Vor allem bei der Windkraft an Land dauere alles viel zu lange. «Das ist kein Geschäft in Deutschland für uns.» Schmitz stellte das neue RWE-Konzept an historischer Stelle vor. Die Unternehmenszentrale der neuen RWE wird derzeit auf dem Gelände gebaut, auf dem das 1898 gegründete «Rheinisch-Westfälische Elektrizitätswerk» sein erstes Kraftwerk errichtet hatte.

Deutschlands grösster Braunkohleverstromer wird durch die Übernahme der erneuerbaren Energien des bisherigen Konkurrenten Eon und der Anlagen seiner zerschlagenen Tochter Innogy zu einem der international führenden Unternehmen beim Ökostrom - bei Strom aus Windkraftanlagen auf See rangiert RWE nach eigenen Angaben sogar weltweit auf Platz zwei. «2040 wird RWE klimaneutral sein», kündigte Schmitz an. Damit gehe der Konzern «weit über das hinaus, was nationale und internationale Klimaschutzziele verlangen».

Bei Umweltverbänden stiess die Ankündigungen auf Kritik. «RWE muss für einen glaubwürdigen Kurswechsel deutlich mehr tun, als erneuerbare Energien einzukaufen», sagte Hubert Weiger, Vorsitzender des BUND. Der Konzern bleibe so lange unglaubwürdig, wie er zugleich Braunkohle auf Hochtouren verstrome und seine Bagger weiter ungebremst Richtung Hambacher Wald vorrückten. Greenpeace betonte, bis 2040 werde in Europa längst kein Braunkohlekraftwerk mehr laufen. RWE müsse alle europäischen Kohlekraftwerke schrittweise bis spätestens 2030 vom Netz nehmen.

Die aktuelle Konzentration von RWE auf Projekte im Ausland wird auch an den Zahlen zur Erzeugungskapazität deutlich, die Schmitz präsentierte. Von den 9 Gigawatt, die derzeit am Netz sind, entfallen nur 1,5 Gigawatt auf Deutschland. Die grossen in Bau befindlichen Wind- und Solarparks sind in den USA und Australien. Auch im asiatisch-pazifischen Raum will RWE aktiver werden.

Pro Jahr sollen 1,5 Milliarden Euro in die Erneuerbaren investiert werden. Geld für die Investitionen soll auch aus der Beteiligung von 16,7 Prozent am bisherigen Rivalen Eon kommen, wie Finanzchef Markus Krebber sagte. Den Aktionären, darunter sind zahlreiche Kommunen, stellte er eine langfristig leicht steigende Dividende in Aussicht.

Bei den gesetzlichen Regelungen für den Kohleausstieg fordert Schmitz mehr Tempo. «Mich befremdet es auch etwas, dass es länger braucht, es umzusetzen als es zu erfinden», sagte der RWE-Chef. «Das sollte vielleicht die Bundesregierung mehr beunruhigen als uns.» Je eher man in den Ausstieg einsteige, desto früher gingen auch die Emissionen zurück. Deshalb sei der Gesetzgeber «stärker am Zug als wir».

Gespräche über die Abschaltung von RWE-Braunkohlekraftwerken würden mit dem Bundeswirtschaftsministerium derzeit alle 14 Tage geführt. RWE werde die Hauptlast der 3 Gigawatt Braunkohlekapazitäten, die bis 2022 abgeschaltet werden sollen, tragen müssen, betonte Schmitz. Der RWE-Chef hatte wiederholt Entschädigungen von bis zu 1,5 Milliarden Euro pro Gigawatt abgeschalteter Leistung und der daran hängenden Tagebaukapazitäten gefordert. Am Montag sagte er, über Zahlen werde «zum Schluss» verhandelt.

Der Wandel von RWE zum Ökostrom-Anbieter ist Folge eines weitreichenden Tauschgeschäfts mit Eon. Die beiden Energieriesen haben Innogy unter sich aufgeteilt. Eon übernimmt das Netz- und das Endkundengeschäft und reicht die eigenen Erneuerbaren und die von Innogy an RWE weiter. Die Wettbewerbshüter der EU hatten den Deal mit einem Gesamtwert von mehr als 40 Milliarden Euro vor kurzem genehmigt.

An der Börse kommt die neue RWE bislang gut an. Die Aktie hat seit Jahresbeginn fast um die Hälfte zugelegt und gehört damit zu den Top Drei im Leitindex Dax. Damit schneidet RWE deutlich besser ab als Eon. Der Aktienkurs des bisherigen Konkurrenten, der durch den Deal mit RWE keine eigene Stromproduktion mehr hat, kommt seit Monaten nicht von der Stelle.

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

GreenpeaceEuroEUAktie