SAP stellt sich auf weiter schwere Zeiten ein
Erschwerte Geschäfte durch die Pandemie, gekappte Finanzziele, ein Absturz an der Börse - das Jahr 2020 war kein gutes für SAP. Doch auch für das neue Jahr fallen die Prognosen mager aus.
Das Wichtigste in Kürze
- Europas grösster Softwarehersteller SAP stellt sich trotz eines halbwegs ordentlichen Schlussquartals im abgelaufenen Jahr auf weiter schwere Zeiten ein.
Nach einem leichten Umsatzrückgang im Jahr 2020 rechnet der vom Börsenwert grösste deutsche Dax-Konzern 2021 mit einem Minus beim um Sonder- und Währungseffekte bereinigten Betriebsergebnis - im Extremfall um bis zu 6 Prozent, mindestens aber um 1 Prozent. Eine entsprechende Prognose verkündete das Unternehmen aus dem Rhein-Neckar-Kreis in der Nacht auf Freitag auf Basis vorläufiger Zahlen. Zielsetzungen zur weiteren Umsatzentwicklung oder zum Nettoergebnis 2021 gab es keine.
Für das abgelaufene Jahr vermeldete SAP ein bereinigtes operatives Ergebnis vor Zinsen und Steuern in Höhe von 8,28 Milliarden Euro - das ist ein wenig mehr als im Vorjahr. Blendet man die Sondereffekte aus, konnte SAP beim Betriebsergebnis sogar ein Plus von 48 Prozent auf 6,62 Milliarden Euro vermelden. Diese Entwicklung ist allerdings vor allem dem zwischenzeitlich abgestürzten Börsenkurs geschuldet, der deutlich geringere Aufwendungen für anteilsbasierte Vergütungen als noch 2019 nötig machte. Beim Umsatz steht unter dem Strich für 2020 ein Rückgang von 1 Prozent auf 27,34 Milliarden Euro, zum Nettoergebnis soll es erst am 29. Januar Angaben geben.
Im vierten Quartal schnitt SAP besser ab als von Analysten gemutmasst, weil vor allem die Lizenzverkäufe nicht so stark fielen wie befürchtet. Die ursprünglichen Jahresziele waren indes deutlich höher - doch die Auswirkungen der Corona-Pandemie und interne Umstrukturierungen erschwerten SAP die Geschäfte. Nachdem der Tech-Konzern im Herbst überraschend zum wiederholten Male seine Finanzziele für 2020 sowie ein im Vorjahr noch gross ausgerufenes Profitabilitätsversprechen kassiert hatte, stürzte SAP auch an der Börse ab - und ist heute weit von früheren Höchstkursen entfernt.
Dutzende Milliarden Euro an Marktkapitalisierung lösten sich seither in Luft auf, dazu kommt anhaltende Kritik von Kunden: Viele Unternehmen kritisieren eine weiter schlechte Verzahnung der etlichen SAP-Anwendungen. Viel Arbeit für den unter Druck stehenden Vorstandschef Christian Klein (40), der das Unternehmen seit Oktober 2019 leitet - bis April in einer Doppelspitze, seither alleine.
Das Management hatte bereits im Herbst vor den Folgen der Pandemie gewarnt, die die Nachfrage bis mindestens zur Jahreshälfte 2021 belasten dürften. Nun rechnet der Konzern damit, dass die Erlöse mit dem Verkauf von Softwareabos und Lizenzen 2020 stagnieren oder maximal bis um währungsbereinigt 2 Prozent zulegen. Darunter traut SAP der schnell wachsenden Software zur Nutzung über das Internet allerdings ein Wachstum von 13 bis 18 Prozent zu.
Laut einer Erhebung des einflussreichen Anwenderverbandes DSAG, in dem sich Tausende SAP-Kunden zusammengeschlossen haben, hatten im Herbst fast drei Viertel aller befragten Firmen über zurückgehende Umsätze geklagt. Das habe auch Auswirkungen auf die IT-Budgets der SAP-Kunden, hatte DSAG-Chef Jens Hungershausen gesagt. «Es gibt einen grossen Anteil, der sagt: Wir forcieren jetzt unsere IT-Projekte. Aber es gibt fast einen genauso grossen Teil, der sagt: Wir bremsen unsere Projekte jetzt ein bisschen ein, verzögern sie. Das dürfte bis Mitte nächsten Jahres erst mal so bleiben.»
Angesichts all der Aufgaben setzt Konzernchef Klein künftig auf eine erweiterte Vorstandsmannschaft. Die US-Amerikanerin Julia White (47) wechselt von Microsoft zu SAP und soll vom 1. März an in einer neu geschaffenen Vorstandsfunktion das Marketing sowie den Bereich innovativer Geschäfts- und Technologielösungen verantworten. Schon einen Monat früher rückt Scott Russell (47) intern in das SAP-Gremium auf - der Australier ersetzt die Ende Januar scheidende Adaire Fox-Martin und soll damit neuer Chef des Vertriebs und der Kundenservicesparte werden.