Schweden weicht vom Sonderweg ab – Lockdowns möglich
Schweden ändert den Kurs in Sachen Bekämpfung des Coronavirus. Die Regierung erteilt regionalen Behörden die Erlaubnis, Lockdowns zu verhängen.
Das Wichtigste in Kürze
- Die schwedische Regierung ermöglicht regionale Lockdowns.
- Damit ändert das skandinavische Land die Strategie zur Bekämpfung des Coronavirus.
- Laut Staatsepidemiologe Tegnell wurde die Anzahl immuner Personen zu hoch eingeschätzt.
Im Frühling glänzte Schweden mit einem Sonderweg. Während viele Landesregierungen zu strikten Corona-Massnahmen griffen, appellierte die schwedische Regierung vor allem an die Eigenverantwortung der Bevölkerung. Die Regierung und Chefepidemiologe Anders Tegnell wurden für ihre Strategie gefeiert. Bis im Sommer die Fallzahlen laut «worldometers» über 1500 Neuinfektionen pro Tag anstiegen.
Nun droht bereits eine zweite Welle anzurollen. In der vergangenen Woche kam die Anzahl täglicher Corona-Fälle teilweise nahe an die 1000-Personen-Marke. Die Regierung sieht sich deshalb jetzt gezwungen, vom Sonderweg abzuweichen. Laut dem britischen «Telegraph» trifft sich die Regierung um Ministerpräsident Stefan Löfven in nächste Woche mit regionalen Behörden, um Massnahmen zu besprechen.
Verschärfter Mittelweg
Diese sollen sich im Rahmen zwischen Vorschriften und Empfehlungen bewegen. So soll es den regionalen Gesundheitsbehörden möglich sein, lokale Lockdowns einzuführen. Auch Besuche von Einkaufszentren, Museen, Sportanlagen, Bibliotheken und Veranstaltungen können Bürgern des Landes untersagt werden.
Während viele Regierungen Strafen und Bussen zur Abschreckung und Einhaltung der Massnahmen anordneten, will Schweden weiterhin davon absehen.
Grund für den Richtungswechsel ist wohl die fehlende Immunität. Im März peilte das skandinavische Land die Herdenimmunität an, ohne dabei das Leben der Risikopatienten in Gefahr bringen zu wollen. Nun hat Schweden mit 5918 fast dreimal so viele Todesopfer wie die Schweiz in Zusammenhang mit dem Coronavirus zu beklagen.
«Das Mass an Immunität überhaupt nicht so hoch ist, wie wir vielleicht geglaubt haben», sagte Staatsepidemiologe Tegnell vergangene Woche. Und begründete damit den strategischen Richtungswechsel.