Spahn dringt auf Lösung für Lieferengpässe bei Arzneien
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat bekräftigt, stärker gegen Lieferengpässe bei Arzneimitteln vorzugehen.
Das Wichtigste in Kürze
- Meldepflicht für Pharmaunternehmen und Grosshändler geplant.
«Patienten erwarten zu Recht, dass sie dringend notwendige Medikamente unverzüglich bekommen», erklärte Spahn am Montag in Berlin. Der Bund will künftig bei der Verteilung von Medikamenten stärker eingreifen als bisher und zudem auf internationaler Ebene nach Lösungen suchen.
Dazu laufen mehrere Gesetzesinitiativen, die in der Koalition derzeit abgestimmt werden. Zuerst hatte die «Augsburger Allgemeine» am Wochenende darüber berichtet.
Konkret plant die Bundesregierung eine Meldepflicht für pharmazeutische Unternehmen und Grosshändler. Sie sollen zu versorgungsrelevanten Arzneimitteln Informationen über Lagerbestände, Warenflüsse und drohende Lieferengpässe verpflichtend an die zuständigen Bundesbehörden melden.
Bisher gibt es in Deutschland nur eine Selbstverpflichtung für die Unternehmen. Ärzte und auch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) fordern seit langem eine Meldepflicht für Versorgungsengpässe bei Arzneimitteln gefordert. Das Institut listet aktuell mehr als 280 solcher Arzneien auf.
Um Lieferengpässe zu vermeiden, sollen die Bundesoberbehörden nach Spahns Plänen Unternehmen und Grosshändlern für kritische Arzneimittel Vorgaben zur Lagerhaltung machen können. Im Ausnahmefall sollen künftig zudem Medikamente eingesetzt werden, die in ausländischer Sprache gekennzeichnet sind, sofern die Anwendung direkt vom Arzt am Patienten erfolgt. Arzneimittel, die in Deutschland abgegeben werden, müssen grundsätzlich in deutscher Sprache gekennzeichnet sein.
Ausnahmen soll es auch bei Medikamenten mit Rabatten geben. Heute verpflichten Rabattverträge die Apotheken, besonders preisgünstige Medikamente abzugeben. Sollten diese Medikamente in der Apotheke nicht zur Verfügung stehen, sollen Apotheker künftig nach Ablauf von 24 Stunden auch alternative Arzneimittel abgeben dürfen.
Nach Angaben des Deutschen Apothekerverbands (ABDA) hat sich die Zahl der Rabattarzneimittel, die aufgrund eines Lieferengpasses nicht zur Verfügung standen und ersetzt werden mussten, nahezu verdoppelt - von fünf Millionen Packungen im Jahr 2016 auf 9,3 Millionen im Jahr 2018. Damit sei jedes 50. Rabattarzneimittel betroffen. Auf Topwirkstoffe wie hochdosierte, rezeptpflichtige Schmerzmittel (Ibuprofen) oder Blutdrucksenker entfielen demnach fast die Hälfte der Lieferengpässe.
Als Lieferengpass gilt, wenn eine Arznei mindestens zwei Wochen nicht ausreichend lieferbar ist oder die Nachfrage grösser als das Angebot ist. Seit Jahren kommt es bei Medikamenten und Impfstoffen immer wieder zu Engpässen. Betroffen waren in der Vergangenheit unter anderem Krebsmittel, Antibiotika, Schilddrüsenhormone oder auch ein Windpockenimpfstoff.